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Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, wird von Rassisten kritisiert.

© dpa

Türkei: Rassisten kritisieren Erdogan

Nationalisten in der Türkei hetzen gegen Erdogan, weil er die Syrer behalten will und ihnen die Staatsbürgerschaft anbietet.

Erst waren sie „Gäste“ und gewissermaßen nur kurz auf Besuch, wie die Regierung der Türkei ihren Bürgern glauben machen wollte. Nur für die paar Wochen bis zum Sturz des Regimes von Bashar al-Assad. Damals, im Sommer 2011, wurden die „sunnitischen Brüder“ aus Syrien willkommen geheißen. Doch Assad stürzte nicht, und die Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei geht auf die Marke von drei Millionen zu. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bietet ihnen plötzlich die türkische Staatsbürgerschaft an. Da reiben sich Landsleute die Augen.

Der Sturm der Entrüstung entlud sich über Twitter, der rassistische Hashtag #IchwillkeineSyrerinmeinemLand war am vergangenen Wochenende einer der weltweit führenden Leitbegriffe der Kurznachrichtenplattform. Und vor allem die nationalistische Opposition fand eine willkommene Gelegenheit, den autoritär regierenden Staatschef anzugreifen. Erdogan verschleudere die türkische Staatsbürgerschaft, schimpfte Devlet Bahçeli, der Führer der rechtsgerichteten Parlamentspartei MHP, dessen Stuhl gerade bedrohlich wankt. Erdogans Absicht sei, den Willen des türkischen Volks zu brechen. „Wenn die Syrer eingebürgert werden, sind wir geliefert“, titelte ein viel gelesenes Oppositionsblatt und rechnete vor: Bei drei bis fünf Kindern pro Familie werden aus den drei Millionen Syrern in Türkei in zehn Jahren schon 20 Millionen. Dann werden sie ganze Städte und Regionen für sich beanspruchen, warnte „Sözcü“. Wie Hatay, die Provinz im Südwesten des Landes, die erst 1939 nach einem umstrittenen Referendum von Syrien zur Republik Türkei gekommen war.

Erdogan will die Syrer für sich haben

Nach dem jüngsten Terroranschlag auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen wächst ihre Furcht, immer tiefer in den Krieg in Syrien hineingezogen zu werden. So beeilte sich Erdogan zu Wochenbeginn, seine Ankündigung von den Einbürgerungen der Syrer zu präzisieren. Unter den Flüchtlingen gebe es viele, die eine hohe berufliche Qualifikation hätten, erklärte er. „Wir haben die Möglichkeit, diese Menschen für unser Land zu nutzen.“

Hier zeigt sich die Verbindung zum Flüchtlingsabkommen mit der EU. Die EU-Kommission war in Ankara vorstellig geworden, weil sich im Juni die Anzeichen mehrten, dass die Türkei syrischen Flüchtlingen mit guter Qualifikation die Ausreise nach Europa verwehrt. Die Umsiedlung selbst geht nur schleppend voran. Laut dem Bericht der Brüsseler Kommission vom 15. Juni sind seit Beginn des Abkommens im vergangenen März gerade einmal 511 Syrer aus der Türkei in die EU-Staaten ausgeflogen worden. 72000 hatten die Staats- und Regierungschefs als Ziel festgelegt.

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