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Türkei und Irak: Vertrauen ist besser

Erstmals seit 33 Jahren besucht ein türkischer Präsident den Irak. Die Visite von Abdullah Gül weckt Hoffnung auf das Ende der PKK-Gewalt.

Es war ein Empfang mit allen Ehren: Als der türkische Präsident Abdullah Gül am Montag zu einem zweitägigen Besuch in Bagdad eintraf, da lag der letzte Besuch eines Staatsoberhauptes aus Ankara 33 Jahre zurück. Ähnlich wie der deutsche Bundespräsident kann der türkische Staatschef zwar auch nur mit Gesten, Reden und Reisen eigene Akzente setzen. Aber diese Möglichkeiten nutzt der ehemalige Außenminister Gül voll aus. Im vergangenen Jahr hatte er etwa als erster türkischer Staatschef den Nachbarn Armenien besucht.

Auch Güls Reise in den Irak hat nicht nur Symbolwert. Bei den Gesprächen in Bagdad geht es auch um konkrete Themen, und eines der wichtigsten davon betrifft die im Nordirak verschanzten Kurdenrebellen von der PKK. Gül und der irakische Präsident Dschalal Talabani tauschten sich erst letzte Woche in Istanbul ausführlich über dieses Thema aus.

Nicht immer haben Türken und Iraker so intensiv miteinander gesprochen. Jahrelang betrachtete die Türkei den südöstlichen Nachbarn mit Argwohn: Ankara befürchtete ein Auseinanderbrechen des Irak und die Entstehung eines Kurdenstaates im Nordirak, was Autonomiebestrebungen unter den zwölf Millionen Kurden in der Türkei verstärken könnte. Inzwischen sprechen türkische Regierungsvertreter sogar öffentlich mit Abgesandten der – kurdischen – Regionalregierung im Nordirak.

Warum leitete Ankara die Wende ein? Die Türkei habe erkannt, dass sie ohne Zusammenarbeit mit den nordirakischen Kurden kaum in der Lage sein dürfte, die PKK aus den nordirakischen Kandil- Bergen zu vertreiben, meint Arif Keskin vom Forschungsinstitut Asam in Ankara. Diese Einsicht habe sich nicht nur bei der Regierung durchgesetzt, sondern auch bei der Armee. Es gibt also einen breiten Konsens für die neue Politik.

Auf der anderen Seite der Grenze wissen die Kurden im Nordirak, dass sie gute Beziehungen zur Türkei brauchen, wenn ihre Region florieren soll. Schon jetzt erhält der Nordirak einen Großteil seiner Strom- und Lebensmittelversorgung aus der Türkei. Die neue Zusammenarbeit zwischen Türken und Irakern begann auch vor dem Hintergrund des näher rückenden Abzugs der amerikanischen Truppen aus dem Irak: Beide Seiten wissen, dass sie in absehbarer Zeit ohne Vermittlung der Amerikaner miteinander auskommen müssen.

Dank dieser Entspannung kommen die Bemühungen um eine Entwaffnung der PKK voran. Im April oder Mai soll laut Talabani im nordirakischen Erbil eine Versammlung kurdischer Organisationen aus der Türkei, Syrien, dem Irak und dem Iran stattfinden. Die pankurdische Konferenz werde die PKK zur Einstellung des bewaffneten Kampfes auffordern, sagte Talabani. Er hoffe, dass die PKK diesem breiten Appell folgen werde.

Im Falle eines Gewaltverzichts sollen die Rebellen ihre Waffen den US-Truppen im Irak übergeben. Während die PKK-Fußtruppen – möglicherweise im Rahmen einer neuen Amnestieregelung Ankaras – in die Türkei zurückkehren sollen, ist für die PKK-Anführer die Ausreise ins Exil im Gespräch. Nach Presseberichten haben sich einige europäische Staaten bereit erklärt, die PKK-Befehlshaber aufzunehmen, wenn diese den Kampf aufgeben. Das türkische Außenministerium bestätigte Gespräche mit Irakern, Amerikanern und Europäern über „die Auflösung der PKK“.

Noch ist es jedoch nicht so weit. Murat Karayilan, der Anführer der im Nordirak verschanzten PKK-Truppen, sagte nach Meldungen prokurdischer Medien, mit einer einzigen Konferenz wie der in Erbil sei das Kurdenproblem nicht zu lösen. Andere PKK-Vertreter deuteten an, dass die Kurdenrebellen einen Aufruf der Konferenz zum Gewaltverzicht nicht als bindend betrachten würden.

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