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Der Ehepaar Erdogan am Sonntag bei der Stimmabgabe

© dpa

Update

Türkei wählt Staatspräsident: Recep Tayyip Erdogan siegt offenbar gleich im ersten Wahlgang

Erstmals hat die Türkei heute ihren Präsidenten direkt gewählt. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat offenbar gleich im ersten Wahlgang gesiegt - und die Wahl-Abstinenz vieler seiner Gegner hat ihm wohl geholfen

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat die Präsidentenwahl nach ersten Teilergebnissen mit über 50 Prozent bereits im ersten Wahlgang gewonnen. Das meldeten türkische Medien am Sonntag nach Auszählung von rund 40 Prozent der Stimmen, laut der Deutschen Presse-Agentur.

Die britische Nachrichtenagentur Reuters formulierte noch vorsichtiger: Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan läge bei der Präsidentenwahl ersten Teilergebnissen zufolge deutlich in Führung. Nach Auszählung von 43 Prozent der Stimmen entfielen nach einem Bericht des türkischen Fernsehens auf den 60-Jährigen 56,4 Prozent. Sollte sich dies bestätigen, wäre Erdogan am Sonntag im ersten Wahlgang gewählt.

Die französische Nachrichtenagentur AFP beruft sich auf Hochrechnungen, denen zufolge der bisherige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Demnach setzte sich Erdogan bei dem Urnengang am Sonntag bereits im ersten Wahlgang mit 55,6 Prozent der Stimmen gegen seine Rivalen durch.

Erdogan will eine Präsidialverfassung

Der Premier ging am Sonntag bei der ersten Direktwahl eines türkischen Präsidenten als haushoher Favorit ins Rennen. Schon laut Umfragen konnte Erdogan mit bis zu 57 Prozent der Stimmen rechnen. Hauptherausforderer Ihsanoglu lag demnach bei 35 Prozent, und der Kurdenkandidat Selahattin Demirtas bei acht Prozent. Sollten sich die Voraussagen bewahrheiten, kann der 60-jährige Erdogan seine lange Karriere mit dem Amt des Staatsschefs krönen. Als Ministerpräsident regiert er bereits seit mehr als zehn Jahren – jetzt könnte bei einem Sieg am Sonntag und einer Wiederwahl im Jahr 2019 eine weitere Dekade als Präsident hinzukommen. Kein anderer Politiker, nicht einmal Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk, war so lange an der Macht. Bei der Stimmabgabe am Sonntag sprach Erdogan von einer historisch bedeutsamen Wahl.

Die Macht will Erdogan als Präsident fest in Händen behalten, auch wenn die türkische Verfassung dem Staatsoberhaupt bisher vor allem eine repräsentative Rolle zuweist. Doch Erdogan will alle vorhandenen Befugnisse des Präsidenten – etwa bei der Leitung von Kabinettsitzungen – voll ausnutzen und darüber hinaus mit Verfassungsänderungen ein Präsidialsystem verankern. Gegner befürchten die Errichtung eines autoritären und islamisch-konservativen Ein-Mann-Regimes. So siegessicher waren Erdogan und seine Partei AKP, dass schon vor dem Wahltag eine Diskussion darüber einsetzte, welcher Politiker den Posten des Ministerpräsidenten übernehmen wird, wenn Erdogan in den Präsidentenpalast wechselt. Als Favoriten wurden Außenminister Ahmet Davutoglu und der ehemalige Verkehrsminister Binali Yildirim gehandelt.

Die OSZE überwacht die Wahl

Die Oppositionsvertreter Ihsanoglu und Demirtas traten an, um einen Erfolg Erdogans zu verhindern. Ihr Ziel bestand darin, einen Sieg Erdogans im ersten Wahlgang zu verhindern: Sollte Erdogan am Sonntag unter 50 Prozent der Stimmen bleiben, wird es am 24. August eine Stichwahl geben. Im Laufe des Tages wich die Euphorie der Erdogan-Gegner über den „Demokratie-Konvoi“ jedoch wachsender Verzweiflung. In Istanbul und anderen Städten blieb es in vielen Wahllokalen deutlich leerer als bei den Kommunalwahlen im März. Eine geringe Beteiligung zeichne sich ab, meldete ein unabhängiger Verband von Wahlhelfern. Im Internet wurde bereits über Regierungskritiker geschimpft, die nicht wählen gingen, sich hinterher aber über Erdogan beschwerten. Eine geringe Beteiligung würde Erdogan nützen, weil seine Anhänger normalerweise verlässlich zur Urne gehen.

Offizielle Zahlen zur Beteiligung lagen am Nachmittag noch nicht vor. Einige Beobachter erklärten die leeren Wahllokale damit, dass die Prozedur der Stimmabgabe bei nur drei Kandidaten am Sonntag äußerst einfach sei, weshalb die Wähler nicht lange in den Kabinen blieben. Ein Wahlhelfer in Istanbul, der nicht genannt werden wollte, berichtete von einer relativ regen Beteiligung in seinem Wahllokal. Zudem seien sehr viel mehr Menschen auf den Straßen als einem normalen Sonntag in der Ferienzeit. Oppositionskandidat Ihsanoglu beklagte unterdessen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl und kündigte Strafanzeige an. Bei der Kommunalwahl hatte es zahlreiche Einsprüche gegen mutmaßliche Manipulationen der Erdogan-Partei gegeben. Die Wahl vom Sonntag wurde unter anderem von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht.

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