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Update

Türkische Reaktionen: Das "Heimatland" der Aygül Özkan

Wie türkische Medien über die Vereidigung der niedersächsischen Ministerin Aygül Özkan und die Kruzifix-Debatte in Deutschland berichten - und sich über CSU-Mann Thomas Goppel wundern.

„Özkan musste sich entschuldigen“, kommentierte eine türkische Zeitung, von einem „Rückzug“ in der Kruzifix-Debatte war am Mittwoch in einem anderen Blatte die Rede: Der Streit um die Äußerungen der CDU-Politikerin und neuen niedersächsischen Sozialministerin Aygül Özkan über religiöse Symbole in Klassenzimmern hat die Begeisterung der Medien in der Türkei über die Ernennung der ersten türkischstämmigen Landesministerin in Deutschland erheblich gedämpft. „Erst die Entschuldigung, dann der Amtssessel“, überschrieb die bürgerliche Zeitung "Milliyet" ihren Bericht.

Aygül Özkan habe in kürzester Zeit erfahren müssen, dass sie als erste moslemische Ministerin in Deutschland nur Probleme bekommen werde, kommentierte die liberale Zeitung "Taraf". Das Blatt hob insbesondere die Äußerung des CSU-Politikers Thomas Goppel hervor, wonach die Türkei das eigentliche „Heimatland“ von Özkan sei. Sogar mit Morddrohungen müsse die junge Frau zurechtkommen, meldete der Fernsehsender „HaberTürk“.

Der Umgang der CDU mit der ersten muslimischen Ministerin der Bundesrepublik wurde von den Kommentatoren der Zeitungen mitunter scharf kritisiert. So erinnerte Fehmi Koru, einflussreicher Kolumnist der regierungsnahen Tageszeitung „Yeni Safak“, an das Kopftuchverbot. Niedersachsen verbiete das Kopftuch in der Schule, habe aber mit dem Kreuz kein Problem – hier werde mit zweierlei Maß gemessen. Özkan sei „gekreuzigt“ worden. Und eine Äußerung wie die von Christian Wulff, der von einer Erziehung auf der Grundlage christlicher Werten gesprochen hatte, sei in der Türkei schlicht unvorstellbar: „Wenn Politiker eine Erziehung auf der Grundlage des Islam fordern, dann werden bei uns Parteien verboten.“

Dennoch kam in den Medien auch Stolz darüber zum Ausdruck, dass die Tochter einer Auswandererfamilie in der deutschen Politik nun ein Ministeramt bekleidet. Zwar habe sich Özkan gegen türkische Schulen in der Bundesrepublik gewandt und stehe auch einer türkischen EU-Mitgliedschaft skeptisch gegenüber, schrieb Celal Özcan, ein Kolumnist der Deutschland-Ausgabe der Zeitung „Hürriyet“. Aber all das sei jetzt erst einmal zweitrangig: „Los, Aygül Özkan, streng’ dich an“, rief Özcan die neue Ministerin auf: „Zeige, wie erfolgreich die tollkühnen Türken sein können.“

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