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Politik: Tunesiens Frauen fordern ihre Rechte ein

Tunis/Madrid - „Tunesien ist weit davon entfernt, ein demokratisches Land zu sein“, sagt Lina Ben Mhenni, die wohl bekannteste Bloggerin des nordafrikanischen Landes. Die Polizei könne sich immer noch erlauben, „Bürger zu überfallen, zu vergewaltigen, zu foltern, zu töten“.

Tunis/Madrid - „Tunesien ist weit davon entfernt, ein demokratisches Land zu sein“, sagt Lina Ben Mhenni, die wohl bekannteste Bloggerin des nordafrikanischen Landes. Die Polizei könne sich immer noch erlauben, „Bürger zu überfallen, zu vergewaltigen, zu foltern, zu töten“. Wie in jener Nacht im September, als zwei Polizisten in der Hauptstadt Tunis eine 27-jährige Frau im Auto ihres Verlobten sexuell missbrauchten. Nun wird auch noch der jungen Frau vor einem Gericht in der Hauptstadt Tunis der Prozess gemacht – wegen „unmoralischen Verhaltens“. Ein Skandal, meint Bloggerin Lisa Ben Mhenni.

Der Fall schockte tunesische Bürgerrechtler. Sie sehen in ihm ein weiteres Signal dafür, dass in Tunesien, wo seit einem Jahr die Islamisten eine Übergangsregierung anführen, die Rechte der Frauen in Gefahr und radikale Strömungen auf dem Vormarsch seien. Die Anklage gegen das Vergewaltigungsopfer sei „eine Schande für Tunesien“, sagt Ahlem Belhadj, Chefin der tunesischen Frauen-Vereinigung. Die Wut wird angeheizt durch einen Vorschlag der regierenden Islamisten-Partei Ennahda, in der künftigen Verfassung Frauen als den Mann „ergänzend“ zu definieren.

„Frauen, steht auf für eure Rechte“, riefen Demonstrantinnen vor dem Gerichtspalast in Tunis. Und: „Erst Revolution, dann Vergewaltigung.“ Die Islamisten „wollen eine Gesellschaft aufbauen, wo Frauen wie Gegenstände benutzt werden können, wo der Mann immer recht hat“, wettert Faiza Skandrani, Sprecherin der „Organisation für Gleichberechtigung“.

Verschärfend kommt hinzu: Radikale Salafisten schüchtern in Tunesien immer öfter mit Gewalt die Öffentlichkeit ein. Und die Regierungspartei Ennahda, die einen Spagat zwischen moderaten und konservativen Parteiströmungen versucht, geht nur zögerlich gegen die Fundamentalisten vor. Ralph Schulze

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