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U-Boot-Deal: Deutsch-israelische Irritationen

Bundeskanzlerin Angela Merkel will eine U-Boot-Lieferung angeblich verhindern. Aus Ärger über die israelische Siedlungspolitik im arabischen Ostjerusalem?

Die Bundesregierung überlegt angeblich, die Lieferung eines weiteren U-Boots an Israel zu stoppen. Dies meldet die große israelische Zeitung „Yedioth Ahronoth“ auf den ersten Seiten ihrer Mittwochsausgabe unter der Schlagzeile „U-Boot- Krise“ und kommentiert: „Die Absicht Merkels, Israel nicht das sechste U-Boot zu liefern, löste tiefe Sorge in Israel aus.“ Hochgestellte Militärs hätten sich deshalb an ihre deutschen Kollegen gewandt, schreibt Israels bekanntester Nachrichtenjournalist Schimon Schiffer. Im Tel Aviver Verteidigungsministerium wollte man nur bestätigen, dass die Lieferung des sechsten U-Boots derzeit zwischen den beiden Regierungen beraten werde – der Deal allerdings wurde bereits im Juli geschlossen. Das Amt des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verweigerte jede Stellungnahme.

Israels Marine verfügt derzeit über drei auf deutschen Werften hergestellte U-Boote des Typs „Dolphin“, die mit Raketen mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden können. Zwei weitere, seinerzeit noch vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bewilligte U-Boote sind derzeit in Deutschland im Bau. Ihre Lieferung steht außer Frage. In diesem Frühjahr bewilligte die Bundesregierung Israel zusätzlich einen Hilfskredit in Höhe von 135 Millionen Euro zum Bau eines sechsten Dolphin-U-Bootes. Um dieses Geschäft soll es gehen.

Die Dolphin-U-Boote sind der wichtigste Teil der strategischen Flotte Israels. Israel hüllt sich zur Frage eigener Atomwaffen seit Jahrzehnten in Schweigen, sie wird weder bestätigt noch dementiert. Allerdings hat der „Atomspion“ Mordechai Vanunu vor etlichen Jahren enthüllt, dass im Atomreaktor bei Dimona rund 200 Atombomben oder -sprengköpfe hergestellt worden seien. Dies wurde von offizieller Stelle heftig bestritten, Vanunu wurde aus dem Ausland entführt und zu einer langen Haftstrafe verurteilt.

Eine Verzögerung oder Rücknahme des U-Boot-Geschäfts wäre eine direkte Folge der Spannungen zwischen Berlin und Jerusalem, insbesondere zwischen den beiden Regierungschefs persönlich. Die israelische Regierung hatte kürzlich 1100 neue jüdische Wohneinheiten im südöstlichen Bezirk Gilo des annektierten Ostjerusalem gebilligt. Eine wütende Bundeskanzlerin Angela Merkel soll Ministerpräsident Benjamin Netanjahu daraufhin telefonisch ihre Meinung zu dieser „Provokation“ gesagt haben und dass sie ihm „kein Wort“ glaube.

Israels Vize-Außenminister Danny Ayalon wurde deshalb nach Berlin beordert, um die Spannungen abzubauen. Er traf am Montag in „freundlicher Atmosphäre“, so sein Berater zum Tagesspiegel, mit Vertretern der Bundesregierung zusammen. Auf dem Programm standen Gespräche mit dem Leiter Außenpolitik im Kanzleramt, Christoph Heusgen, und dem Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer. Stimmt allerdings der groß aufgemachte Bericht in „Yedioth Ahronoth“, so müsste man Ayalons Mission als gescheitert bezeichnen. Merkel fühle sich von Netanjahu getäuscht, weil „er ihr den Eindruck vermittelt habe, dass er bereit sei, die Erweiterung der Siedlungen einstweilen einzufrieren“, schreibt die Zeitung. Der Tagesspiegel hatte am Samstag berichtet, dass Netanjahu zu einem Teilstopp des Siedlungsbaus bereit sei und anbiete, vorübergehend auf die Errichtung öffentlicher Bauten im Westjordanland – nicht aber in Ostjerusalem – zu verzichten. Netanjahus Sprecher dementierte die Meldung zwar prompt, sie ist aber inzwischen von mehreren Seiten bestätigt worden.

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