zum Hauptinhalt
Die Bundesregierung hat den Export von deutschen U-Booten nach Israel offenkundig nicht an förmliche Auflagen geknüpft, um eine spätere Ausrüstung mit Nuklearwaffen zu verhindern.

© dpa

U-Boote für Israel: Beredtes Schweigen in Tel Aviv

Israel lässt über seine Atomwaffen nichts verlauten und schweigt auch zur deutschen Debatte. Die wahrscheinlich mit Atomraketen bestückten "Dolphin"-U-Boote sollen der Abschreckung dienen.

Alle schweigen, nur „Bibi“ redet. Das offizielle Israel und auch die Tel Aviver Medien schweigen zum U-Boot-Deal mit Deutschland und den Veröffentlichungen dazu in deutschen Medien. Einzig Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete gegenüber „Bild“ die drei bereits gelieferten „Dolphin“-U-Boote als „sehr wichtig“ für Israels nationale Sicherheit. Was einem für ihn untypischen Understatement gleichkommt.

„Wir geben keine Stellungnahmen zu ausländischen Veröffentlichungen ab“, erklärten sowohl der Sprecher des Verteidigungsministeriums als auch der Armee gegenüber dem Tagesspiegel. Aus dem Außenministerium verlautete, dass man den Worten Netanjahus nichts zuzufügen habe. Für den israelischen Regierungschef bilden die U-Boote „eine sehr wichtige Ergänzung unserer nationalen Sicherheit“. „Deutschland hat das Bekenntnis zu Israels Sicherheit gerade durch den Verkauf eines weiteren U-Bootes zum Ausdruck gebracht.“

Erwartungsgemäß äußerte sich auch Netanjahu nicht zur angeblichen nuklearen Bewaffnung der „Dolphine“ durch Israel. Seit jeher gilt in Israel ganz offiziell eine ambivalente Vernebelungspolitik in Bezug auf die Atomrüstung: Ob Israel eine Atombombe oder atomare Sprengköpfe besitzt oder produziert, wird weder bestätigt noch dementiert. Die staatliche Doktrin heißt: Israel wird nie als erster Staat Atomwaffen einsetzen, also keinen atomaren Erstschlag führen.

Der sogenannte Atomspion Mordechai Vanunu, ein Atomtechniker im Reaktor bei Dimona, hatte vor Jahren enthüllt, dass dort rund 200 Atombomben beziehungsweise atomare Sprengköpfe produziert worden sind. Laut dem bekannten Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri verfügt Israel heute über rund 100 Atombomben.

Experten gehen davon aus, dass die „Dolphine“ für einen eventuellen Zweitschlag geplant und ausgerüstet sind, also als Antwort auf einen nuklearen Angriff auf Israel. Als der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher während des ersten Golfkrieges in Tel Aviv weilte, versprach er seinen Gastgebern ein „Dolphin“-U-Boot – als Entschädigung für die Rüstungshilfe deutscher Unternehmen für Saddam Hussein. Damit sollte Israels Selbstverteidigung erleichtert werden – wohl gegen neuerliche Angriffe des irakischen Diktators.

Israelische Sicherheitsexperten sprechen von einer Abschreckungsstrategie.

Doch heute droht Israel Gefahr aus dem Iran. Daher kann man davon ausgehen, dass die „Dolphin“-U-Boote vor der iranischen Küste stationiert sind oder werden. Ausgerüstet werden sie laut „Spiegel“ mit nuklear bestückten Marschflugkörpern. Inoffiziell hat in Israel niemand etwas gegen dieses Szenario einzuwenden. Ganz im Gegenteil: Man will, dass sich Teheran dieser Tatsachen bewusst ist. Denn die israelische Reaktion auf einen Atomangriff würde Millionen Tote im Iran fordern.

Israelische Sicherheitsexperten sprechen aber lieber nicht von einer Zweitschlagtaktik, sondern von einer Abschreckungsstrategie. Sie beruht weitgehend auf den atomar aufgerüsteten, von Deutschland geschenkten oder mitfinanzierten U-Booten sowie der stärksten Luftwaffe zumindest im Nahen und Mittleren Osten sowie auf Mittelstreckenraketen. Die U-Boote sind wesentlicher Bestandteil des regionalen Gleichgewichts des Schreckens.

Zwar denken Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak auch in diesen Tagen lautstark über einen israelischen Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen. Doch damit versuchen sie vor allem extremen Druck auf die Unterhändler auszuüben, die mit dem Iran über dessen Atomprogramm verhandeln. Ein israelischer Angriff auf den Iran scheint bis zu den amerikanischen Wahlen höchst unwahrscheinlich und danach praktisch unmöglich. Auf jeden Fall aber geschähe er ohne Einsatz der von Deutschland gelieferten U-Boote.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false