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Politik: Übernimmt jetzt die Polizei der EU?

Brüssel. Sowohl der Nato-Rat als auch das Politische und Sicherheitskomitee der EU diskutierten gestern Krisenszenarien für den Fall, dass die USA die UN-geführte Polizeitruppe in Bosnien zum Rückzug zwingen wird.

Brüssel. Sowohl der Nato-Rat als auch das Politische und Sicherheitskomitee der EU diskutierten gestern Krisenszenarien für den Fall, dass die USA die UN-geführte Polizeitruppe in Bosnien zum Rückzug zwingen wird. Außerdem beriet der Nato-Rat über die Konsequenzen für die Sfor-Truppe. Tatsächlich benötigt nur das Nato-Mitglied Deutschland für die Entsendung seiner Truppen in das Sfor-Kontingent nach der nationalen Gesetzgebung ein UN-Mandat. Die übrigen Staaten, die Soldaten für die Sfor-Truppe bereitstellen, tun dies auf der Grundlage des Abkommens von Dayton. Deutschland hat derzeit 1500 Soldaten in Bosnien stationiert. In Brüssel wird damit gerechnet, dass ein neuer Bundestagsbeschluss zum weiteren Einsatz der Bundeswehr notwendig wäre.

Ernsthaft betroffen von einer harten Haltung der USA wäre die Polizeitruppe. Sie gilt jedoch als unverzichtbar für Sicherheit und Ordnung in Bosnien-Herzegowina. Deshalb wird in der EU darüber nachgedacht, den ohnehin für Anfang 2003 geplanten EU-Polizeieinsatz vorzuziehen. Schon seit einigen Wochen analysiert ein Planungsteam aus etwa 20 EU-Polizisten in Bosnien-Herzegowina die Lage. Es soll einen Operationsplan und einen Bedarfsplan erstellen, nach dem die Mitgliedstaaten die notwendigen Polizeikräfte stellen können. Dieser Prozess könnte, wenn es zu einem Rückzug der UN-Polizeitruppe käme, beschleunigt werden.

Vermutlich wäre die EU-Polizeitruppe erst in einige Monaten einsatzbereit. Bliebe es bei der jetzigen Größenordnung von 500 Polizisten könnte außerdem nur ein Teil der Aufgaben übernommen werden. Gegenwärtig garantieren rund 1500 Polizisten unter Führung der UN die öffentliche Sicherheit in Bosnien-Herzegowina. Davon kommen 155 aus Deutschland. Auch ost- und mitteleuropäische Staate haben angeboten, Polizisten zu schicken. Aus der Umgebung des Beauftragten der EU für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, ist zu hören, dass auf politischer Ebene geklärt werden muss, ob sie beteiligt werden können.

Die europäischen Polizeikräfte sind beim EU-Ratssekretariat unter Solana angesiedelt. Geführt würde eine Polizeitruppe in Bosnien-Herzegowina von einem Polizeioffizier, der ihm unterstünde. Das Politische und Sicherheitskomitee der fünfzehn Mitgliedstaaten müsste die politische Kontrolle und die strategische Ausrichtung übernehmen und erhielte damit erstmals eine praktische Aufgabe. Die EU ist bereit, Polizisten aus Drittstaaten – auch Russland, China oder den USA – in ihr Kontingent einzubinden. Zur Zeit stellen Jordanien und Pakistan nach Deutschland die meisten Polizisten, noch vor den Franzosen. Die UN-Polizisten überwachen im Auftrag des Dayton-Abkommens den Aufbau rechtstaatlicher Strukturen und die Arbeit der nationalen Polizei. Sie haben im ganzen Land 22 500 einheimische Polizisten ausgesucht und ausgebildet. 1999 hatte die EU sich verpflichtet, neben der schnellen Einsatztruppe eine Polizeitruppe von 5000 Polizisten aufzubauen. Mariele Schulze Berndt

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