zum Hauptinhalt
Im Gleichschritt: Syriens Machthaber Baschar al-Assad traf sich überraschend in Moskau mit Wladimir Putin (r.).

© dpa

Überraschender Auftritt bei Wladimir Putin: Baschar al-Assad denkt nicht ans Aufgeben

Baschar al Assad fühlt sich nach einer Reihe militärischer Erfolge so stark wie lange nicht mehr. Das zeigt auch sein überraschender Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Nach einer Serie militärischer Erfolge dank russischer Hilfe fühlt sich Baschar al Assad so stark wie lange nicht mehr. Zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Gewalt in seinem Land vor viereinhalb Jahren wagte der syrische Präsident jetzt eine Auslandsreise: Völlig überraschend traf Assad am Dienstagabend in Moskau mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zusammen.

Der Auftritt im Kreml zeigte: Der syrische Staatsschef denkt nicht ans Aufgeben. Auch der erbitterte Assad-Gegner Türkei, der mit ständig steigenden Flüchtlingszahlen aus Syrien konfrontiert ist, erkennt diese Realität jetzt an und besteht nicht mehr auf einem sofortigen Machtverzicht von Assad. Ankara rechnet mit bis zu 350.000 neuen syrischen Flüchtlingen in den kommenden Tagen.

Vor dem Beginn der russischen Militärintervention Ende September waren Assads Truppen in die Defensive geraten. Inzwischen verzeichnen sie aufgrund der russischen Luftangriffe auf die Positionen diverser Rebellengruppen wieder Geländegewinne. Auch im Süden und im Osten der nordsyrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo bombardierten russische Jets in den vergangenen Tagen die Stellungen der Rebellen und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

50.000 Menschen machen sich aus Aleppo auf den Weg Richtung Türkei

Laut türkischen Pressemeldungen haben sich 50.000 Menschen aus der umkämpften Gegend auf den Weg Richtung Türkei gemacht, deren Grenze rund 50 Kilometer nördlich von Aleppo verläuft – mehrere hunderttausend könnten folgen. Vor dem Krieg war Aleppo das wirtschaftliche Zentrum Syriens und die größte Stadt des Landes mit mehr als zwei Millionen Einwohnern. Eine neue Fluchtwelle in die Türkei könnte die Wanderungsbewegung der Syrer in Richtung Europa weiter verstärken.

Die Flüchtlingskrise lässt die Türkei über neue Wege zu einer Lösung des Syrien-Konflikts nachdenken. Mehrere Medien zitierten hochrangige türkische Regierungsvertreter mit den Worten, Ankara sei nun bereit, einen Machtverbleib von Assad für eine sechsmonatige Übergangszeit zu akzeptieren. Die USA wollen den Vorschlag demnach mit Russland diskutieren. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte dazu, die Übergangsphase müsse sicherstellen, dass Assad am Ende aus dem Amt scheide. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte erklärt, er könne sich eine Übergangsperiode mit Assad vorstellen.

Am besten wäre es natürlich, wenn Assad gleich in Moskau bleibe und so eine Lösung ermögliche, sagte Davutoglu. Doch daraus wurde nichts: Der syrische Staatsschef kehrte laut Regierungsangaben am Mittwoch wieder nach Damaskus zurück. Ob er mit russischer Hilfe nach Moskau und zurück gelangte, blieb offen.

In seinem Gespräch mit Putin bedankte sich Assad für die russische Intervention in Syrien, die einen weiteren Vormarsch der als „Terroristen“ bezeichneten Rebellen gestoppt habe. Der Kampf gegen die Rebellen müsse weitergehen und sei die Voraussetzung für eine politische Lösung des Konflikts. Putin betonte, Russland wolle über das militärische Engagement hinaus auch den „politischen Prozess“ in Syrien unterstützen.

Assad dankte Putin für die militärische Hilfe im Bürgerkrieg

Der Moskau-Besuch des syrischen Präsidenten ist Ausdruck des dank der russischen Militärhilfe gewachsenen Zuversicht der syrischen Regierung: Seit 2011 hatte Assad keinen Auslandsbesuch mehr riskiert. Mit der Visite demonstrierte er auch seinen Anspruch auf eine Rolle bei Verhandlungen über die Zukunft Syriens. Zudem zeigte der Besuch, dass Russland wohl an Assad festhalten will.

Angesichts der Entwicklung sei die türkische Forderung nach einem Exil für Assad pures Wunschdenken, sagte der Politologe Behlük Özkan von der Istanbuler Marmara-Universität unserer Zeitung. Selbst als in den Jahren 2013 und 2014 schlecht stand um das Assad-Regime, sei der Präsident nicht ins Exil gegangen – „warum sollte er jetzt gehen?“ Ein Machtverzicht von Assad sei allenfalls auf lange Sicht denkbar und nicht notwendigerweise gleichbedeutend mit einem Ende des Regimes der Baath-Partei in Syrien. „Irgendwann in der Zukunft könnte Assad die Macht an einen Vertrauten im Baath-Regime abgeben“, sagte Özkan.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false