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Uiguren: Türkei kritisiert China

Der türkische MInisterpräsident Erdogan geißelte das Vorgehen Chinas in der von muslimischen Uiguren bewohnten Provinz Xingjian als „eine Art Völkermord“.

Diplomatische Zurückhaltung ist seine Sache nicht. Wenn der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu heiklen weltpolitischen Ereignissen öffentlich Stellung bezieht, dann geht so mancher Diplomat im türkischen Außenamt in Deckung. So dürfte es auch jetzt gewesen sein, als Erdogan das chinesische Vorgehen in der von muslimischen Uiguren bewohnten Provinz Xingjiang als „eine Art Völkermord“ geißelte. Erdogan reagierte damit auf wachsenden Druck aus der Öffentlichkeit und der Nationalisten.

Die Türken fühlen sich eng mit den Uiguren verbunden, einem Turk-Volk, dessen Sprache mit dem Türkischen verwandt ist und dessen Region nahe an der mythischen Heimat der Türken in Zentralasien liegt. Obwohl Ankara die Zugehörigkeit von Xinjiang zu China nicht infrage stellt, wird die Provinz Xinjiang im türkischen Sprachgebrauch als „Ost-Turkestan“ bezeichnet.

Wegen dieser emotionalen Bande verfolgt die türkische Öffentlichkeit die Ereignisse in Xinjiang mit großer Anteilnahme und Betroffenheit. Die Zeitungen sind voll mit blutigen Bildern der Opfer des Uiguren-Aufstandes, und Politiker aller Parteien ziehen mit scharfer Kritik an China und Boykottaufrufen über die Dörfer. In mehreren türkischen Städten gab es anti-chinesische Protestaktionen, vor dem chinesischen Konsulat in Istanbul verbrannten Demonstranten chinesische Produkte. Nationalisten fordern von Ankara eine ebenso harte Haltung gegenüber China, wie sie die Türkei beim Gaza-Konflikt Anfang des Jahres gegen Israel an den Tag gelegt hatte.

Erdogans Regierung hat sich von dieser Stimmung anstecken lassen, stößt aber an die Grenzen der Realpolitik. Der Premier selbst betonte: „Die Schmerzen der türkischen Uiguren sind unsere Schmerzen“, die Uiguren nannte er „unsere Verwandten, unsere Brüder“. Doch am selben Tag gab das türkische Außenministerium eine sehr vorsichtig formulierte Erklärung heraus, in dem von der „großen Bedeutung“ der türkisch-chinesischen Beziehungen die Rede war.

Auf konkrete politische Maßnahmen gegen China hat Ankara bisher verzichtet. Handelsminister Nihat Ergün rief zwar öffentlich zum Boykott chinesischer Importe auf – gab aber klein bei, als sich herausstellte, dass ihn niemand in der Regierung unterstützen wollte. Schließlich waren erst kürzlich Wirtschaftsabkommen mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Dollar unterzeichnet worden. Vergangene Woche kündigte Erdogan an, die Türkei werde als nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat die Lage in Xinjiang bei den Vereinten Nationen zur Sprache bringen. Doch China, das als ständiges Ratsmitglied ein Veto-Recht hat, machte umgehend deutlich, dass dies chancenlos sei.

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