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Ukraine: Das Gas fließt wieder

EU kritisiert Russland und die Ukraine trotz der Lösung des Streits scharf.

Warschau - Julia Timoschenko hat sich die Gelegenheit zum Triumph nicht nehmen lassen. Nachts um zwei Uhr stand die ukrainische Regierungschefin persönlich am Kontrollpunkt einer Transitpipeline und beobachtete, wie die russischen Gaslieferungen in Richtung Westen wieder aufgenommen wurden. Timoschenko hatte dem ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko zuletzt im Gasstreit bei den Verhandlungen mit Moskau das Ruder aus der Hand gerissen und die Gespräche scheinbar im Alleingang zu Ende gebracht. Zwei Wochen war wegen des Streits zwischen Moskau und Kiew kein Gas mehr durch die Röhren geflossen und hatte weite Teile Europas in eine Versorgungskrise gestürzt.

Der nun ausgehandelte Vertrag habe eine Laufzeit von zehn Jahren, hatten Timoschenko und ihr russischer Kollege Wladimir Putin zufrieden lächelnd in Moskau verkündet. Diese Erklärung soll offensichtlich beruhigend auf die verunsicherten Verbraucher wirken. Immerhin erreichte das russische Gas im Transit durch die Ukraine am Dienstag als erste EU-Länder wieder die Slowakei und Ungarn. Trotzdem kritisierte der tschechische Außenminister und derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Karel Schwarzenberg, Moskau und Kiew scharf. „Russland und die Ukraine sind keine verlässlichen Lieferanten“, sagte er am Dienstag vor dem außenpolitischen Ausschuss des Europaparlaments in Brüssel. Diese Lektion müsse die EU lernen. „Europa muss über alternative Quellen und Pipelines nachdenken.“ Die geplante Nabucco-Pipeline zwischen dem Kaukasus und der EU sei „in diesem Zusammenhang noch wichtiger geworden“. Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso will nicht zur Tagesordnung übergehen: „Ich war sehr enttäuscht über die Art und Weise, wie diese beiden Länder die Verhandlungen geführt haben“, betonte Barroso am Dienstag in Brüssel und fügte hinzu: „Ich werde das nicht vergessen.“

Das zentrale Problem beim Gasstreit lag in der politischen Dimension des Konflikts. Putin betont zwar, es habe sich lediglich um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung gehandelt, doch hat gerade das Eingreifen des russischen Regierungschefs das Gegenteil bewiesen. Nun kann sich Putin wirtschaftlich und teils auch politisch als Sieger fühlen. Die Ukraine wird in Zukunft das Gas zu Weltmarktpreisen abnehmen müssen, und der Bau der umstrittenen Ostseepipeline scheint wieder in greifbare Nähe gerückt. Knut Krohn (mit dpa)

Knut Krohn (mit dpa)

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