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Psst, nicht erschrecken. Ein als Darth Vader verkleideter Aktivist der Piratenpartei der Ukraine auf Wählerfang.

© Reuters

Ukraine: Die Maidan-Revolution steht zur Abstimmung

Die Ukraine wählt am Sonntag neues Parlament. Unter den Kandidaten sind auch einige schrille Figuren. Darth Vader von der Piratenpartei ist da noch der harmloseste.

Trotz des Dauerkonflikts im Donbass ist bei der Parlamentswahl in der Ukraine am Sonntag auch für das skurrile Element gesorgt. Mitglieder der ukrainischen Piratenpartei laufen als „Star Wars“-Figuren verkleidet durch das Zentrum Kiews – zumindest durch den nicht gesperrten Teil der Innenstadt.

So ist der Platz vor der Werchowna Rada in Kiew wie ausgestorben. Nur eine Babuschka in Gummilatschen sendet Flüche gegen das leere Parlamentsgebäude. Die Anspannung ist in der Innenstadt präsenter als der Wahlkampf um die 450 Parlamentssitze.

Fast 30 Parteien und über 3000 Einzelkandidaten kämpfen am Sonntag um einen Sitz im neuen Abgeordnetenhaus. Dabei sind die Kampagnen dezent, niemand will durch einen teuren Wahlkampf auffallen, während im Osten des Landes Krieg herrscht und an allen Ecken des Landes Geld für die Armee gesammelt wird. Präsident Petro Poroschenko hatte die alte Volkskammer, wie im Mai im Präsidentschaftswahlkampf versprochen, jedoch nicht ohne Eigeninteresse aufgelöst. Er will seinen Vertrauensbonus noch vor dem harten Winter in eine starke Hausmacht im Parlament verwandeln. Er hat sich deshalb mit der Udar-Partei des Ex-Boxweltmeisters Witali Klitschko zusammengetan und das Bündnis „Petro Poroschenko-Block“ (PPB) gegründet. Alle Umfragen sehen das Präsidentenbündnis inzwischen mit großem Vorsprung als Wahlsieger. Ungewiss ist indes, ob das Poroschenko-Bündnis die künftige Regierung gar alleine stellen könnte.

Absolute Mehrheit für Poroschenko?

„Eine absolute Mehrheit für Poroschenko wäre eine ernste Gefahr für die Demokratie in der Ukraine“, warnt der Politologe Dmytro Ostruschko vom angesehen Gorschenin-Institut im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Ostruschko kreidet dem Präsidenten ein gefährliches Kontrollgehabe in den ersten fünf Amtsmonaten an. Ein Blick auf die Kandidaten des Präsidentenblocks fördert zudem viele zweifelhafte Altpolitiker und Geschäftsleute zutage. Auf den ersten Listenplätzen stehen jedoch meist neue Namen. Bürgeraktivisten und Journalisten wie der Maidan-Initiator Mustafa Nayem befinden sich dort genauso wie Feldkommanten von Freiwilligenbataillonen sowie gestandene Oppositionspolitiker und ehemalige politische Gefangene wie der frühere Innenminister Juri Lutschenko.

Julia Timoschenkos „Batkiwtschina“ („Vaterland“) hat den Spitzenplatz gar der in russischer Untersuchungshaft sitzenden Militärpilotin Nadia Sawtschenko eingeräumt. Die Gasprinzessin mit dem blonden Haarkranz liegt erst an zweiter Stelle. Damit wird die Forderung des Maidan nach neuen Kräften in der Politik aufgenommen. Allerdings können die Revolutionäre ihre Kräfte vorerst nicht bündeln. „Ich hatte zuerst eine eigene Partei gegründet“, erklärt der prominente Maidan- und Antikorruptionsaktivist Jegor Sobolew, „doch das Geld für eine Wahlkampagne reichte einfach nicht.“ Erst einmal in der Rada will Sobolew über Parteigrenzen hinweg mit allen Maidan-Aktivisten zusammenarbeiten.

Der schrillste Maidan-Aktivist ist jedoch Oleh Ljaschko. Für alle Probleme der Ukraine, von der Arbeitslosigkeit bis zur Gaskrise, kennt Ljaschko nur eine Lösung: Patriotismus und standrechtliche Erschießungen von Separatisten. Mit seiner „Radikalen Partei“ hat er wochenlang in den Umfragen auf dem zweiten Platz gelegen.

Ttraditionsgemäß kandidieren in der Ukraine auch viele „unabhängige“ Geschäftsleute, die später von den politischen Parteien für Gefälligkeiten oder politische Ämter gekauft werden können. Die Zusammensetzung des neuen ukrainischen Parlaments ist deshalb besonders schwer vorauszusehen.

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