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Ukraine: Janukowitsch zum Premier gewählt

Das ukrainische Parlament hat den pro-russischen Politiker Viktor Janukowitsch mit klarer Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt und damit einen viermonatigen Machtkampf beendet.

Kiew - Der bisherige Oppositionsführer erhielt 273 Stimmen, 47 Stimmen mehr als nötig. Der Block von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko boykottierte die Abstimmung. Janukowitsch kündigte an, für ihn würden die Beziehungen mit Moskau künftig "Priorität" haben. Staatspräsident Juschtschenko erklärte dagegen, die Westorientierung der Ukraine solle beibehalten werden. Juschtschenko hatte am Donnerstag der Nominierung seines einstigen Erzrivalen zugestimmt.

Nur 30 von 81 Abgeordneten von Juschtschenkos Partei Unsere Ukraine stimmten für Janukowitsch. Viele verweigerten dem einstigen Gegner aus Zeiten der Orangenen Revolution die Gefolgschaft, obwohl Jutschtschenko zuvor aufgerufen hatte, die "Vergangenheit hinter sich zu lassen". Zunächst waren 271 Stimmen für Janukowitsch gezählt worden, zwei Abgeordnete ließen ihre Stimmen mit Verweis auf einen technischen Defekt der Auszählungsanlage noch nachtragen.

Erleichterung im Parlament

Janukowitsch und Juschtschenko reichten sich nach der Verkündung des Ergebnisses die Hand. Erleichterung machte sich im Parlament breit. Die Abgeordneten quittierten das Ende der monatelangen politischen Lähmung mit Applaus. Janukowitsch sagte vor dem Parlament, für ihn hätten die Beziehungen mit Russland künftig Vorrang. Juschtschenko hatte dagegen zuvor vor den Abgeordneten betont, als Präsident habe er das Recht, "die Beibehaltung des politischen Kurses zu verlangen". Juschtschenko hatte sich bisher von Moskau abgewandt und seine Politik stärker an den USA und Europa orientiert.

Janukowitsch kündigte an, seine ersten drei Auslandsreisen würden ihn nach Brüssel, Moskau und Washington führen. Die USA hatten sich schon vor der Wahl von Janukowitsch zur Zusammenarbeit bereit erklärt. Washington hatte vor zwei Jahren die ukrainische Opposition unterstützt. Janukowitsch gilt als enger Verbündeter Moskaus. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte ihn während des Wahlkampfs um die Präsidentschaft im Jahr 2004 offen unterstützt.

Überraschendes Comeback

Im Laufe der Orangenen Revolution war Janukowitsch aber der Wahlmanipulation überführt worden. Das pro-westliche Lager von Juschtschenko gelangte nach wochenlangen Volksprotesten an die Macht. Das derzeitige Comeback des 56-Jährigen Janukowitsch, der von 2002 bis 2004 schon einmal Ministerpräsident war, kam für viele Beobachter überraschend.

Die Führer von Juschtschenkos Partei Unsere Ukraine und Janukowitschs Partei der Regionen hatten sich am Donnerstag zusammen mit den Kommunisten und Sozialisten auf einen "Pakt der nationalen Einheit" geeinigt. Er regelt unter anderem zwei große Streitpunkte: So soll die von Juschtschenko angestrebte und von Janukowitsch abgelehnte Nato-Mitgliedschaft nur per Referendum möglich sein. Die Mehrheit der Ukrainer lehnt den Beitritt Umfragen zufolge ab.

Russisch wird nicht zweite Amtssprache

Janukowitschs Partei verzichtet dagegen auf die Forderung, Russisch neben Ukrainisch als Amtssprache einzuführen. Juschtschenko hatte bereits im Vorfeld sein verfassungmäßiges Recht genutzt und seine Kandidaten Boris Tarasiuk und Anatoli Gryzenko als Außen- und Verteidigungsminister bestätigt.

Bei den Parlamentswahlen am 26. März hatte keine Formation die absolute Mehrheit erringen können. Das pro-russische Bündnis vereint im Parlament rund 240 von insgesamt 450 Abgeordneten, davon hat die Partei der Regionen 186 Mandate. Besonders Timoschenko hatte sich vehement gegen eine Rückkehr Janukowitschs an die Macht ausgesprochen und stattdessen für eine Auflösung des Parlaments votiert. (tso/AFP)

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