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Begegnung am Moskauer Flughafen: Russlands Präsident Wladimir Putin (links) und Frankreichs Staatschef François Hollande.

© dpa

Ukraine-Krise: Hollande glaubt nicht an Nato-Beitritt Kiews

Frankreichs Staatspräsident François Hollande traf überraschend mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Moskau zusammen. Im Gepäck hatte er eine Botschaft, die Putin gerne gehört haben dürfte: Paris will ein mögliches Nato-Beitrittsgesuch Kiews nicht unterstützen.

Die Lösung des Ukraine-Konflikts gehörte bislang nicht zu den Prioritäten des französischen Außenministers Laurent Fabius. Zwar kam der Chefdiplomat aus Paris Mitte August zu einem Krisentreffen mit seinen deutschen, ukrainischen und russischen Amtskollegen an den Tegeler See nach Berlin. Doch über das Vierer-Gespräch in der Villa Borsig hinaus hat Fabius den Ball in der Ukraine-Krise weit gehend flach gehalten. Zum OSZE-Ministertreffen in Basel, bei dem die Lage im Osten der Ukraine bis zum vergangenen Samstag im Zentrum stand, erschien Fabius gar nicht erst. Er zog es vor, an einem bilateralen französisch-algerischen Treffen in Paris teilzunehmen.
Doch trotz der bisherigen diplomatischen Zurückhaltung Frankreichs im Ukraine-Konflikt könnte Paris nun plötzlich entscheidende Akzente im Verhältnis zwischen dem Westen und Russland setzen. Am Samstag traf Frankreichs Staatschef François Hollande, der oberste Außenpolitiker seines Landes, in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammen. Nach außen demonstrierten die beiden einen betont freundlichen Umgang. Den schwelenden Streit zwischen beiden Ländern über die Lieferung des französischen Hubschrauberträgers „Mistral“ an Russland klammerten die beiden geflissentlich aus. Putin winkte am Ende seines ersten Treffens mit einem westlichen Staats- und Regierungschef in Russland seit dem vergangenen März dem Gast aus Paris vor dem Abflug in Moskau auf dem Rollfeld nach. Das könnte einen besonderen Grund haben: Nach einem Bericht der Zeitung „Le Monde“ habe Hollande mit bislang noch nicht gekannter Deutlichkeit signalisiert, dass Frankreich ein mögliches Nato-Beitrittsgesuch der Ukraine nicht unterstützen werde. Jetzt liege es an Russland, im Ukraine-Konflikt – nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten – Entgegenkommen zu zeigen, hieß es dem Bericht zufolge im Elysée-Palast.

Grünen-Politikerin Harms: Putin betreibt "Legendenbildung"

Russland lehnt einen Beitritt Kiews zum westlichen Verteidigungsbündnis strikt ab. „Mit der Forderung, dass die Ukraine nicht Nato-Mitglied werden dürfe, rennt Putin offene Türen ein. In der Nato gibt es überhaupt keine ernsthafte Initiative, die Ukraine in das Verteidigungsbündnis einzubeziehen“, sagte dazu die Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms, dem Tagesspiegel. Wenn Putin vor einem möglichen Nato-Beitritt der Ukraine warne, dann betreibe er eine „Legendenbildung“, sagte Harms weiter.

Der überraschende Blitzbesuch Hollandes in Moskau macht nun ebenfalls deutlich, dass sich die Ukraine im Fall eines Beitrittsgesuchs keinesfalls der Unterstützung aller Nato-Partner sicher sein kann. Zu Beginn des Monats hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg allerdings unterstrichen, dass es allein Entscheidung der Ukraine sei, ob sie sich um eine Nato-Mitgliedschaft bewerben wolle. Und auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will das Volk über einen Nato-Beitritt abstimmen lassen, sobald wichtige Kriterien dafür erfüllt sind.

Sendet Russlands Präsident ein Entspannungssignal aus oder will er den Westen spalten?

Putins Geste, den französischen Präsidenten überraschend an einem Moskauer Flughafen auf dessen Rückreise aus Kasachstan zu empfangen, lässt nun zwei Deutungsmöglichkeiten zu: Entweder will Russlands Präsident tatsächlich ein Entspannungssignal in der Ukraine-Krise aussenden – oder er möchte einen Keil in die westliche Staatengemeinschaft treiben, die bislang unverändert an den gegen Moskau verhängten Sanktionen festhält.
Unterdessen verteidigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Vorgehen der EU-Staaten gegenüber Russland. „Ich bin überzeugt, dass die gemeinsame europäische Antwort auf Russlands Handlungen richtig ist“, sagte sie der „Welt am Sonntag“. Damit verteidigte sich die Kanzlerin gegen Kritik ihrer drei Amtsvorgänger Helmut Schmidt (SPD), Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD), die für eine entgegenkommendere Haltung gegenüber Moskau plädiert hatten. Merkel verwies hingegen darauf, dass Russland mit der Annexion der Krim die im Budapester Memorandum von 1994 vertraglich zugesicherte territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine verletzt hat. Dies dürfe „nicht folgenlos bleiben“.

Im Osten der Ukraine hielten derweil auch am Wochenende die heftigen Kämpfe an. Wie ein ukrainischer Armeesprecher am Sonntag erklärte, wurden zwei Soldaten getötet. Nach Angaben der Stadtverwaltung der Rebellenhochburg Donezk gab es in der Nacht von Samstag auf Sonntag unter der Zivilbevölkerung drei Tote und zehn Verletzte. Am kommenden Dienstag soll eine Waffenruhe in Kraft treten, auf die sich die ukrainische Regierung und die Separatisten vergangene Woche verständigt hatten.

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