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Unerschrocken. Trotz Kälte und heftigen Schneetreibens versammeln sich in vielen Städten der Ukraine pro-europäische Demonstranten. Foto: AFP

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Ukraine: Timoschenko im Hungerstreik - Demonstrationen für einen EU-Beitritt

Die inhaftierte ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko ist aus Protest gegen die Abkehr der Regierung vom West-Kurs in den unbefristeten Hungerstreik getreten. Die Protestwelle gegen die Regierung setzt sich fort. Überall kommt es zu Demonstrationen.

Die inhaftierte ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko ist aus Protest gegen die Abkehr der Regierung vom West-Kurs in den unbefristeten Hungerstreik getreten. In einem von ihrem Anwalt verlesenen Brief erklärte Timoschenko, sie wolle mit ihrem Schritt Präsident Viktor Janukowitsch dazu bewegen, das Freihandels- und Assoziierungsabkommens mit der EU doch noch zu unterzeichnen. Dies sei ein Zeichen der Verbundenheit mit den Demonstranten, die sich auch am Montag überall im Land versammelt hatten. In der westukrainischen Stadt Lwiw (Lemberg) versammelten sich am Montagvormittag bis zu 10 000 Demonstranten auf dem Freiheitsplatz im Stadtzentrum. „Weg mit dieser Bande!“ skandierte die Menge nach Angaben des Internetportals „Zachid.net“.

Auch in der Hauptstadt Kiew wurde weiter demonstriert, nachdem Sicherheitskräfte in der Nacht versucht hatten die aufgebrachten Bürger vom Europa- Platz und dem zentralen Majdan zu vertreiben. Dabei wurde der Oppositionsabgeordnete Andrej Parubio leicht verletzt. Schon am frühen Morgen begann eine Studentendemonstration. Vor dem Ministerrat kam es zu Auseinandersetzungen mit der gefürchteten „Berkut“-Sonderpolizei.

Die Regierung will keine Neuauflage der orangenen Revolution dulden

In der Hauptstadt Kiew haben proeuropäische Kräfte um die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko Protestzelte aufgestellt. „Die Ukraine gehört nach Europa!“, rufen Demonstranten. Auch der Boxweltmeister Witali Klitschko beteiligt sich daran mit seiner Partei Udar (Schlag). „Wir werden unsere Aktionen fortsetzen, bis der Assoziierungsvertrag unterzeichnet wird“, rief Klitschko in Kiew. In Odessa hat eine Hundertschaft der Polizei in der Nacht zum Sonntag ein Protest-Zeltcamp geräumt. Viktor Janukowitschs Ministerpräsident Nikolai Asarow ließ wissen, man werde keine Neuauflage der „orangen Revolution“ dulden. 2004 hatte sich die Armee einer damals von den regierenden Politikern erwogenen gewaltsamen Zerschlagung der Bürgerbewegung widersetzt.

Das ukrainische Außenministerium bestätigte am Montag die Teilnahme von Staatspräsident Janukowitsch am EU-Ostpartnerschaftsgipfel am Donnerstag und Freitag in Vilnus. Dort hätte der Assoziationsvertrag zwischen Kiew und Brüssel unterzeichnet werden sollen. „Die Ukraine hat sich nicht von der EU-Integration abgewandt“, behauptete Außenminister Leonid Koschara am Montag in Kiew. Beobachter schließen nicht aus, dass Janukowitsch im letzten Moment einfach mehr Geld und größere Zugeständnisse für die Ukraine herausholen möchte. Asarow stellte bei einem Fernsehauftritt klar, dass das Angebot der EU von einer Milliarde Euro für die kommenden Jahre einfach zu gering sei. Das Land brauche für eine Modernisierung 160 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre – eher mehr.

Diese Summe wird auch Russland nicht spendieren. Doch würden der Ukraine Verluste im Handel mit Russland drohen. Zudem hat Putin günstigere Gasverträge in Aussicht gestellt. Doch darauf hofft die ukrainische Regierung schon lange vergeblich. 2009 hatte Timoschenko – damals noch Regierungschefin – Preise mit Putin ausgehandelt, die heute als völlig überzogen gelten.

Die Europäische Union hat Russland in ungewöhnlich scharfer Form vorgeworfen, die Ukraine unter Druck gesetzt zu haben. „Wir missbilligen das russische Vorgehen“, erklärten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso, in Brüssel. Das Angebot für eine Vereinbarung mit der Ukraine liege weiter auf dem Tisch.

Verzichtet die EU auf die Forderung nach einer Freilassung Timoschenkos?

Polnische Medien berichten derweil, dass die litauische EU-Ratspräsidentschaft vorhabe, auf die Forderung nach der Freilassung Timoschenkos einstweilen zu verzichten. Die inhaftierte Oppositionsführerin hat ihren Verzicht auf eine Freilassung, wenn sich damit die EU-Integration erkaufen ließe, bekräftigt. Polnische Medien berichteten am Montag auch, der EU-Emissär Aleksander Kwasniewski sei ohne viel Pomp nach Kiew zurückgekehrt und würde dort in Hinterzimmern leise weiterverhandeln. mit rtr/dpa

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