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Zehn Jahre Haft wegen Amtsmissbrauchs drohen Julia Timoschenko.

© dpa

Ukraine: Timoschenko-Prozess startet mit Tumulten

Mit Tumulten im Gerichtssaal und unter massiven Sicherheitsvorkehrungen hat in Kiew ein Prozess gegen Julia Timoschenko begonnen. Die ukrainische Ex-Regierungschefin vermutet, sie solle politisch kalt gestellt werden.

Kiew - Der prominenten Oppositionspolitikerin drohen wegen angeblichen Amtsmissbrauchs bis zu zehn Jahre Haft. „Ich habe keine Chance auf einen fairen Prozess. Im Gegenteil, sie setzen Methoden gegen mich ein, die aus der Stalin-Zeit stammen“, sagte die prowestliche Politikerin am Freitag zum Verhandlungsauftakt in Kiew.

Timoschenko warf Präsident Viktor Janukowitsch erneut vor, die Justiz für politische Zwecke zu missbrauchen. „Das ist eine Farce! Ich erkenne dieses Gericht nicht an“, sagte die 50-Jährige. Der pro-russische Staatschef weist die Vorwürfe zurück. Eine Sprecherin der Partei der Regionen von Janukowitsch warf Timoschenko vor, mit „künstlicher Hysterie“ Druck auf den Richter ausüben zu wollen. „Diese Manipulationen und Provokationen werden aber das Land nicht täuschen.“ Timoschenko war nach der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004 Regierungschefin geworden. 2010 verlor sie bei der Präsidentenwahl gegen Janukowitsch.

Laut Anklage hat die Ukraine während Timoschenkos Amtszeit durch einen ungünstigen Gasvertrag mit Russland Hunderte Millionen Euro verloren. Dem widersprach die Ex-Regierungschefin erneut vehement. Bei den Verhandlungen mit dem russischen Regierungschef Wladimir Putin sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Sie soll laut Anklage auch mehr als 220 Millionen Euro zweckentfremdet haben. „Sie wollen mich einsperren, doch meine Stimme wird aus dem Gefängnis noch lauter tönen als jetzt“, rief Timoschenko.

In dem kleinen, überfüllten Gerichtssaal herrschten chaotische Zustände. Auch der EU-Botschafter in Kiew, José Manuel Pinto Teixeira, sprach wegen der Enge und Hitze von „unmenschlichen Bedingungen“. Während der Verhandlung kam es zu einem Handgemenge zwischen Gegnern und Unterstützern der Angeklagten. Auch im Zentrum von Kiew, wo Hunderte Timoschenko-Anhänger mit Fahnen gegen den Prozess protestierten, kam es zu Schlägereien mit politischen Gegnern.

Die Verteidigung scheiterte zu Verhandlungsbeginn mit einem Befangenheitsantrag gegen den von Janukowitsch vor kurzem ernannten und völlig unerfahrenen Richter. Timoschenko bezeichnete den Vorsitzenden als „Marionette“. Auch westliche Politiker hatten sich mehrfach skeptisch über die Anklage geäußert. Nach neun Stunden vertagten die Richter die Anhörung auf den Samstag. Es kann sich über Monate hinziehen. dpa/AFP

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