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In der Ostukraine begann mit Verspätung das neue Schuljahr. Das Land versucht, zur Normalität zurückzukehren. Doch der demokratische Umbruch gestaltet sich schwierig.

© Reuters

Ukraine vor der Wahl: Brutale Überfälle auf Politiker in Kiew und Odessa

Vor der Parlamentswahl schwindet in der Ukraine die Hoffnung auf einen friedlichen demokratischen Neuanfang. Zahlreiche Politiker wurden Opfer von gewalttätigen Übergriffen.

Die Ukraine kommt nicht zur Ruhe. Ende Oktober wird ein neues Parlament gewählt – ein demokratischer Neuanfang scheint immer unwahrscheinlicher. Nun richtet sich der Hass vor allem gegen Vertreter der früheren Regierung, die teilweise brutalen Überfällen ausgesetzt sind.

Vor zwei Wochen traf es den Abgeordneten Vitali Schurawski. Er wurde am Betreten des Parlaments, der Werchowna Rada, gehindert. Eine aufgebrachte Menge schleuderte den Juristen kurzerhand in einen Müllcontainer. Bis auf einen Schock kam das Mitglied der früheren Regierungspartei des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch ohne körperliche Verletzungen davon.

Schurawskis Parteifreund Nestor Schufritsch, der frühere Minister für Katastrophenschutz, hatte am Dienstag weniger Glück. Am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Odessa verprügelten mehrere Vermummte den Politiker. Videos und Fotos zeigen, dass er erhebliche Verletzungen im Gesicht und am Kopf davongetragen hat. Seine Pressestelle sagte, er befinde sich derzeit im Krankenhaus und kuriere unter anderem eine Gehirnerschütterung aus.

Die Zunahme von Gewalt erinnert Beobachter an die 90er Jahre, als in Politik und Wirtschaft Konflikte mit äußerster Härte ausgetragen wurden. Für die aktuellen Übergriffe werden verschiedene Gruppen verantwortlich gemacht. Zum einen werden die gewaltbereiten Mitglieder der rechten Partei „Prawij Sektor“ genannt, zum anderen sollen auch radikale prorussische oder aus Russland stammende Gruppen mitmischen. Am Rande der Schufritsch-Kundgebung wurde Dmitri Kopulow gesehen. Der ehemalige Polizist ist Inhaber einer Sicherheitsfirma, im Februar 2014 sollen seine Leute in der Kiewer Innenstadt Demonstranten verprügelt haben. Es gibt sogar den Verdacht, Kopulow habe mit dem Tod zweier Journalisten zu tun, die in der Nacht auf den 19. Februar in Kiew erschossen wurden.

Nachdem Mitte September die Anmeldefrist endete und die Zentrale Wahlkommission 29 Parteien zur Wahl am 28. Oktober zugelassen hat, sind seit Dienstag auch die Listen für die Direktkandidaten geschlossen. 3500 Männer und Frauen gehen ins Rennen, um sich für einen der 225 Parlamentsplätze zu bewerben. Dieses Jahr sind auch viele frühere Mitglieder der im Februar 2014 gestürzten Regierung dabei, unter anderem Ehefrauen, Kinder oder andere Verwandte der Ex-Regierungsmitglieder. Das sorgt für Kritik. Die Befürchtung ist, dass ein demokratischer Neuanfang mit den alten Verantwortlichen nicht gelingen kann.

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