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Politik: Ulla Schmidt zur Nachbehandlung

Ministerin muss Gesundheitsreform umarbeiten / Auch beim Kündigungsschutz will Schröder die Union gewinnen

Berlin. Die Bundesregierung will der Union bei zentralen Reformprojekten entgegenkommen. Das Tempo der Gesundheitsreform soll erhöht und das Arbeitsrecht flexibilisiert werden. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz forderte am Dienstag die Rürup-Kommission auf, ihre Vorschläge zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung schon im Frühjahr vorzulegen. Bis spätestens April will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) einen umfassenden Entwurf vorlegen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte im ZDF, gegen Arbeitsplatzzusagen könne über eine Lockerung des Kündigungsschutzes diskutiert werden.

Von Cordula Eubel und

Markus Feldenkirchen

„Wenn die Arbeitgeber bereit sind, eine messbare Zahl von Einstellungen zu garantieren, dann muss man über Flexibilisierung reden“, sagte Schröder am Dienstag. Vorstöße von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, den Kündigungsschutz anzutasten, waren bei Gewerkschaften und in Reihen der SPD auf heftige Gegenwehr gestoßen.

Die Vorschläge der Rürup-Kommission sollten „lieber im März oder April als später“ vorliegen, sagte Scholz. Es sei nicht sinnvoll, zunächst mit den Schmidt-Vorschlägen die Ausgabenseite zu reformieren und erst später die Einnahmeseite gemäß der Rürup-Kommission neu zu gestalten. Eigentlich wollte Ulla Schmidt schon in den kommenden Tagen die Eckpunkte für ihre Strukturreform der Öffentlichkeit vorstellen. Diese sollten aber auf Druck des Kanzleramts zunächst nicht veröffentlicht werden, weil sie gegenwärtig noch mangelnde Kontur aufwiesen und zu reformschwach seien.

In Teilen der SPD und bei den Gewerkschaften ist der neue Zeitplan nicht unumstritten. „Tempo ist kein Selbstzweck“, mahnte SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer. Ein schnelles Vorgehen bei der Gesundheitsreform dürfe nicht zu Lasten der Konsistenz gehen, sagte Scheer dem Tagesspiegel. Andernfalls schaffe man nur neue Probleme statt die bestehenden zu lösen. Die Vize-Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, warnte vor einer Verschärfung der Gesundheitsreform. Wenn die Verzahnung der Gesundheitsreformpläne mit der Arbeit der Rürup-Kommission „dazu dienen soll, Kopfpauschalen einzuführen, ist das ein Missbrauch der Kommission“, sagte Engelen-Kefer. Sie kündigte für diesen Fall einen „Riesenaufstand“ an. Zudem sei der von der Regierung gewünschte Zeitplan bis zum Frühjahr unrealistisch. „Ich weiß nicht, wie das vernünftigerweise geschehen soll. Das ist nicht zu schaffen.“ Die Arbeitsgruppe Gesundheit der Rürup-Kommission habe bisher noch nicht einmal getagt.

Die Union präzisierte in einem eigenen Thesenpapier ihre Vorstellungen zur Finanzierung der Krankenkassen. Zahnbehandlung und Zahnersatz sollen privat versichert werden. Dafür sei eine Pauschale von 20 bis 25 Euro monatlich notwendig. Die Gesundheitsexperten fordern außerdem, für jeden Versicherten eine Eigenbeteiligung in Höhe von 150 bis 300 Euro im Jahr einzuführen. Wenn zusätzlich das Sterbe- und das Mutterschaftsgeld aus Steuermitteln finanziert würden, „dann lässt sich der Beitrag von 14,4 auf 13 Prozent senken“, sagte der CDU-Sozialpolitiker Andreas Storm dem Tagesspiegel.

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