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Politik: Umarmen, umgarnen

US-Präsident Bush empfängt Kriegsgegner Putin auf seinem Landsitz – Zugeständnisse macht der Gast aber nicht

Nicht jeden Gast begrüßt George W. Bush so freundschaftlich. Als Russlands Präsident Wladimir Putin in Camp David aus dem Hubschrauber stieg, empfing ihn der US-Präsident mit einer Umarmung. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich wenige Tage zuvor noch mit einem höflichen Händedruck begnügen müssen. Dabei hatte Putin zusammen mit Schröder und dem französischen Staatschef Jacques Chirac zu den erklärtesten Gegnern des Irak-Krieges gehört. Doch im Gegensatz zu Schröder und Chirac konnte Putin sich trotz dieser Haltung ein freundschaftliches Verhältnis zu Bush bewahren. Und so war der russische Präsident der einzige der vielen zur UN-Vollversammlung angereisten Staats- und Regierungschefs, der auf Bushs Landsitz Camp David eingeladen wurde.

Ganz oben auf der Tagesordnung standen zwei Themen, bei denen beide Länder in der Vergangenheit sehr unterschiedlicher Meinung waren: die Situation im Nachkriegs-Irak und das Atomprogramm Irans. Die USA erhoffen sich von Putin Unterstützung für die Irak-Resolution, mit der Washington den Weg für eine multinationale Truppe unter US-Kommando freimachen will. Putin hatte bereits in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung deutlich gemacht, dass die Vereinten Nationen im Irak wieder eine zentrale Rolle spielen müssen – darin stimmt er mit Frankreich und Deutschland überein. Auf der anderen Seite kritisierte der russische Präsident während seines USA-Aufenthalts die Irak-Politik des Gastgebers mit keinem Wort. Und schon vor dem Treffen in Camp David kamen aus Russland deutliche Signale, die auf eine Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit Washington hindeuteten. Selbst eine Beteiligung von russischen Truppen im Irak schloss Putin nicht aus.

Festlegen wollte sich der Präsident in Camp David allerdings noch nicht. Über eine Beteiligung seines Landes am Wiederaufbau des Nachkriegs-Irak werde erst entschieden, wenn die Inhalte der Resolution klar seien, betonte er. Der Chef des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im russischen Oberhaus, Michail Margelow, hatte zuvor betont, es sei unwahrscheinlich, dass Russland vor der Parlamentswahl am 7. Dezember eine Entsendung von Truppen erwägen werde.

Größere Differenzen zwischen Washington und Moskau gibt es nach wie vor beim Thema Iran. Russland unterstützt Teheran beim Bau eines Atomkraftwerks in Bushehr. Die USA fürchten jedoch, dass Iran die Anlage zum Bau von Atomwaffen nutzen will. Bush und Putin appellierten nun gemeinsam an Teheran, mit der Internationalen Atomenergiebehörde zusammenzuarbeiten. Doch auf eine zentrale Forderung der USA ging Putin nicht ein: Russland will offenbar auf das rund 800 Millionen Dollar schwere Geschäft mit Teheran nicht verzichten.

Doch auch dies droht die Beziehungen nach Ansicht von Beobachtern kaum zu beschädigen: Schließlich hat sich Putin im Kampf gegen den internationalen Terrorismus demonstrativ an die Seite der USA gestellt. Auch deshalb hat Putin es in diesem Herbst als einziger Staatschef nach Camp David geschafft. Bush sagte am Ende über seinen russischen Kollegen: „Ich fühle mich geehrt, dass er hier ist, und ich weiß den großartigen Dialog zu schätzen, den wir geführt haben.“ Putin hingegen war ein wenig zurückhaltender in der Wortwahl: Er sprach lediglich von einem „sehr nützlichen Treffen“.

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