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Politik: Umdenken auf Norderney

Von Jürgen Zurheide, Düsseldorf Nicht wenige der vielen Kameraleute waren gekommen, um Bilder eines politisch beschädigten Jürgen W. Möllemann einzufangen.

Von Jürgen Zurheide, Düsseldorf

Nicht wenige der vielen Kameraleute waren gekommen, um Bilder eines politisch beschädigten Jürgen W. Möllemann einzufangen. Noch während des frühen Morgens war durchgesickert, dass Jamal Karsli seinen Rückzug aus der FDP antreten und sein Mentor Möllemann diese Entscheidung vor der Presse begründen werde; übrigens kurz bevor Guido Westerwelle in Berlin seine Sicht der Affäre darstellen wollte. Und jetzt sitzt dort ein braun gebrannter und gut gelaunter Jürgen Möllemann. Selbst kritische Fragen pariert er so wie immer, wenn er unter Druck gerät: Er geht zum Gegenangriff über.

Als er gefragt wird, wie viele Prozentpunkte die Liberalen seine jüngsten Ausfälle gegen Michel Friedman kosten würden, holt er zum Gegenschlag aus. Er habe soeben mit einem Meinungsforscher telefoniert, „und der bescheinigt mir, dass alle Kurven der FDP nach wie vor nach oben zeigen“. Wenig später erzählt er die Geschichte von seinem Kurzurlaub auf Norderney und den vielen Menschen, die ihm dort begegnet sind: „Die haben mich fast alle ermuntert, nicht nachzulassen.“ Nein, Jürgen Möllemann wirkt nicht wie ein Besiegter. Während der Pfingsttage auf der Nordseeinsel mag er sich allerdings auch anders gefühlt haben. Spätestens als Guido Westerwelle ihm öffentlich bedeutet hat, dass er die Aufnahme von Jamal Karsli für falsch hält und auch noch die beiden Ehrenvorsitzenden Genscher und Lambsdorff als Kronzeugen nennt, schwante Möllemann, dass er das Spiel überreizt hat. Er schwieg dennoch beharrlich und schaltete sogar sein Mobiltelefon aus, auf dem sich die Appelle häuften, doch bitte eine Strategie gegen die Anwürfe zu entwickeln.

Während Möllemann abtauchte, formierten sich seine Gegner. Als Möllemann immer noch nicht reagierte, attackierte ihn der Altliberale Gerhard Rudolf Baum und sprach offen über einen notwendigen Rücktritt Möllemanns. An diesem Punkt erkannte dieser, dass seine eigene Position gefährdet ist.

Mehr als einmal telefonierte er nun mit Jamal Karsli. Einige Vertraute haben ihm klar gemacht, dass nur noch der Neuliberale seinen Mentor retten kann. „Ja, wir haben mehrfach miteinander geredet“, gab Möllemann später zu und verschwieg auch nicht, dass ihm Hans Dietrich Genscher mit guten Ratschlägen geholfen hat. Sie alle kamen zu dem Schluss, dass nur noch Karsli selbst die vertrackte Lage würde entwirren können: durch einen freiwilligen Rückzug.

Weil man Karsli nicht völlig traute, bestand man darauf, dass er den vorläufigen Abschiedsbrief aus der FDP mit dem Parteichef abstimmt. Genau dazu erklärte sich Karsli bereit. Vorher hat Möllemann die Details der Operation mit Guido Westerwelle besprochen. Die beiden verständigten sich darauf, dass Karsli sich freiwillig aus der FDP zurückzieht, dafür als parteiloses Mitglied in der Landtagsfraktion mitarbeiten darf. „Damit wahren beide Seiten ihr Gesicht“, hieß es aus dem Düsseldorfer FDP-Führungskreis.

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