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Stoff für Streit: Die Pläne zur Einführung einer Maut stoßen weiterhin auf großen Widerstand. Auch innerhalb der Koalition ist das Projekt umstritten.

© dpa

Umstrittene Verkehrspolitik: CSU geht bei Maut-Streit auf Kritiker zu

Die CDU-Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen sind gegen den Plan von Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Die CSU verteidigt ihr Vorhaben – aber Ausnahmen für Grenzregionen wären nun möglich.

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Ein Parteivorsitzender, der sein Wort gegeben hat (Horst Seehofer, CSU); ein Verkehrsminister, dessen Amt auf dem Spiel steht (Alexander Dobrindt, CSU); dazu zahlreiche Bundestagsabgeordnete, die den offenen Aufstand proben (CDU-Landesgruppe Nordrhein- Westfalen) – der Streit der Unionsparteien um die Pkw-Maut trägt inzwischen alle Züge eines Machtkampfs. Und ein Ende scheint nicht in Sicht.

Die CSU, die ihr Wohl und Wehe in der großen Koalition mit dem Prestigeprojekt Pkw-Maut verknüpft hat, stemmte sich am Donnerstag mit aller Kraft gegen den Angriff der mächtigen nordrhein- westfälischen CDU-Bundestagsabgeordneten. Die hatten sich bei einer Klausurtagung einstimmig gegen den Plan von Verkehrsminister Dobrindt ausgesprochen, eine Pkw-Maut auf allen Straßen in Deutschland einzuführen.

In der CSU wird der Beschluss der NRW-Abgeordneten als Affront gewertet. Etliche Christsoziale argwöhnen, die Schwesterpartei wolle die Maut in Gänze verhindern. Sie verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schon immer eine Gegnerin des Vorhabens gewesen sei und im vergangenen Herbst nur auf massiven Druck Seehofers zugestimmt habe, die Einführung der Maut im Koalitionsvertrag festzuschreiben.

Entsprechend scharf fielen am Donnerstag die Reaktionen der CSU auf den Beschluss der NRW-Abgeordneten aus. „Vorfestlegungen zum jetzigen Zeitpunkt sind sehr unklug“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer dem Tagesspiegel. Das Grundkonzept von Verkehrsminister Dobrindt zur Maut liege vor. „Jetzt geht es darum, die konkreten Gesetzentwürfe zu erarbeiten.“

Auch Seehofer selbst schaltete sich in die Debatte ein, zeigte sich in der „Süddeutschen Zeitung“ verärgert über den offenen Widerstand in der Schwesterpartei. „Das hätte es nicht gebraucht“, sagte der CSU-Chef. „Wir sind nicht der politische Gegner der CDU.“ Die Bevölkerung könne nicht verstehen, wenn „wir da jetzt mit kleinlichen Diskussionen uns in unserer Handlungsfähigkeit beeinträchtigen würden“.

CSU-Vize Schmidt ist sicher, dass die Maut kommt

Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) verteidigte das Vorhaben ebenfalls und forderte die CDU zur Unterstützung der Maut auf. „Jetzt geht es darum, bei dem Thema mitzuarbeiten und konstruktive Vorschläge zu machen“, sagte er dieser Zeitung. Er sei sich sicher, dass „die drei Koalitionsparteien gemeinsam das Maut-Gesetz so beschließen werden, wie wir das in vorbildlicher Weise bereits mit dem Mindestlohn, der Mütterrente und der Rente mit 63 gemacht haben“.

Den CDU-Vorwurf, Dobrindts Pläne gingen über den Koalitionsvertrag hinaus, weil der Verkehrsminister die Maut nicht auf Autobahnen beschränken wolle, wies Schmidt zurück: „Schauen Sie sich den Koalitionsvertrag genau an. Da ist eine Beschränkung der Maut auf Autobahnen nicht zu finden.“

Bei aller Verärgerung über die große Schwester sandte die CSU am Donnerstag aber auch Kompromisssignale aus. So zeigte sich Schmidt offen dafür, grenzüberschreitende Straßen aus der Mautpflicht herauszunehmen, etwa in einem Radius von 50 bis 100 Kilometern. „Dazu gibt es das parlamentarische Verfahren“, sagte er. Derartige Ausnahmen hatte Dobrindt bisher ausgeschlossen. „Um Einzelfragen kann man sich später kümmern“, mahnte der CSU-Politiker in Richtung der Mautkritiker auch aus den Reihen der Union. Zweifel daran, dass die Maut kommt, hat Schmidt aber nicht: "Ohne Frage, die Maut kommt", sagte der Minister. Vorwürfe, Verkehrsminister Alexander Dobrindt halte sich mit der geplanten Ausdehnung der Maut auf Landstraßen nicht an den Koalitionsvertrag, wies Schmidt zurück: „Schauen Sie sich den Koalitionsvertrag genau an. Da ist eine Beschränkung der Maut auf Autobahnen nicht zu finden“, betonte der Minister.

 Seehofer will über Ausnahmen für Grenzregionen sprechen

Auch Seehofer kündigte nun an, über Ausnahmeregeln für Grenzregionen reden zu wollen. „Selbstverständlich werden wir Einwände der Grenzregionen noch einmal prüfen“, sagte er. „Aber eine bessere Lösung als das Dobrindt-Konzept kenne ich nicht.“ Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende der Unionsarbeitsgruppe Verkehr, Ulrich Lange. Die Einführung einer Pkw-Maut stehe im Koalitionsvertrag, er sei „davon überzeugt, dass wir diesen Vertrag einhalten werden“, sagte der CSU-Politiker dem Tagesspiegel. Niemand wolle die Menschen in den Grenzregionen überfordern, versprach Lange, „Das Ganze wird sich einpendeln.“

Wann der Verkehrsminister einen Gesetzentwurf vorlegen wird, ist noch unklar. Die Verkehrspolitiker der Union jedenfalls wollen darauf nicht warten und ohne den Entwurf des Ministers die parlamentarischen Beratungen beginnen. Und zwar mit einer Anhörung am 8. Oktober auf der Grundlage des ministeriellen Eckpunktepapiers.

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