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Politik: Umstrittener Konsens: Der Atomausstieg entzweit die Grünen

Der erwartete Streit über den Atomkonsens zwischen Bundesregierung und Industrie ist bei den Grünen voll entbrannt. Während die scheidende Grünen-Sprecherin Gunda Röstel mit einer Zustimmung des grünen Parteitags zum Atomkonsens rechnet, zeigt sich ihre Amtskollegin Antje Radcke skeptisch.

Der erwartete Streit über den Atomkonsens zwischen Bundesregierung und Industrie ist bei den Grünen voll entbrannt. Während die scheidende Grünen-Sprecherin Gunda Röstel mit einer Zustimmung des grünen Parteitags zum Atomkonsens rechnet, zeigt sich ihre Amtskollegin Antje Radcke skeptisch. Ein Abstimmungserfolg sei ihrer Ansicht nach noch nicht sicher, sagte Radcke, die bei ihrem Nein zum Atomkonsens blieb und Nachverhandlungen oder einen Ausstieg im Dissens verlangte. Beide Sprecherinnen beriefen sich mit ihrer Prognose auf Stimmen aus der grünen Basis.

Wenige Tage vor dem Parteitag der Grünen in Münster, der am kommenden Freitag beginnt und über den Kompromiss zwischen der rot-grünen Bundesregierung und der Energiewirtschaft beschließen wird, warben grüne Spitzenpolitiker für eine Zustimmung ihrer Partei zu dem Verhandlungsergebnis. Bundesumweltminister Jürgen Trittin wertete den Kompromiss als einen historischen Erfolg grüner Politik, den es ohne den jahrzehntelangen Widerstand der Bürgerinitiativen nicht gegeben hätte, "und zweitens nicht ohne Regierungsbeteiligung der Grünen". Rezzo Schlauch, Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion sagte, immer wenn darauf ankäme, habe bei den Grünen die Vernunft gesiegt. Ein Nein könne die Auflösung der Koalition mit der SPD bedeuten. Radcke habe sich mit ihrem Nein ins Abseits gestellt. Er könne sich deshalb auch nicht vorstellen, dass sie "reale Chancen" auf eine Wiederwahl habe. Radcke kritisierte, dass einige grüne Politiker versuchten, Druck auf die Basis auszuüben, in dem sie das Ende der rot-grünen Koalition an die Wand malten. Die Angst, das die SPD die Koaliton aufkündigen würde, sei unberechtigt.

Radcke, die ursprünglich für die neu zu wählenden Sprecher-Posten kandidieren wollte, hatte am Wochenende ihre Kritik am Atomkonsens mit der Ankündigung verbunden, im Falle einer Zustimmung des Parteitags werde sie nicht mehr antreten. Die beiden anderen Bewerber für die Sprecher-Posten, Fritz Kuhn und Renate Künast, sprachen sich für den Kompromiss aus. Kuhn widersprach ausdrücklich Radcke, die von einer Spaltung der Partei gesprochen hatte: "Das halte ich für ausgeschlossen." Kerstin Müller, Amtkollegin von Schlauch im Fraktionsvorsitz, sagte, es gebe entweder "diesen Ausstieg oder gar keinen Ausstieg".

Röstel begründete ihre Zuversicht auf ein positives Abstimmungsergebnis auf die Reaktionen aus Landesverbänden. Die Partei werde die Atomspaltung beenden: "Eine Parteispaltung wird es nicht geben." Der Bundesvorstand sprach sich am Montag für den Konsens aus. Auch bei vielen Kritikern, so Röstel, "überwiegt zunehmend die Stimmung, die Vereinbarung zu akzeptieren". Es sei ein "Signal, wenn die drittgrößte Industrienation aus dieser Technologie aussteigt". Sie werde die verbleibenden Tage ihrer Amtszeit dafür nutzen, um für diesen Konsens zu überzeugen. Auch der umweltpolitische Sprecher der Bundstagsfraktion, Reinhard Loske, sagte, es müssten alle Gelegenheiten genutzt werden, die Mitglieder für den Konsens zu gewinnen.

SPD-Politiker wollten keine Spekulationen über das Abstimmungsergebnis auf dem grünen Parteitag aufkommen lassen. Fraktionschef Peter Struck zeigte sich vor einer SPD-Parteivorstandssitzung optimistisch, dass der Atomkonsens nicht platzen werde: "Ich rede gar nicht darüber, dass er platzt, weil er nicht platzt", sagte Struck. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering: "Wir gehen davon aus, dass die Grünen auf ihrem Parteitag zustimmen."

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