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Die Baustelle am Stuttgarter Hauptbahnhof. Das Projekt wird 2024 fertig - drei Jahre später wie ursprünglich geplant.

© dpa

Umstrittenes Bahnhofsprojekt: Stuttgart 21 – teurer, später, gar nicht?

Das Dossier des Bundesverkehrsministeriums stellt Wirtschaftlichkeit, Kosten und Zeitplan von Stuttgart 21 infrage. Schon warnen Politiker vor einem finanziellen Desaster à la BER.

Von Sabine Beikler

Die Debatte über die Zukunft des strittigen Bahnprojekts Stuttgart 21 ist durch ein internes Papier des Bundesverkehrsministeriums wieder entfacht. In dem Dossier werden die Kostenangaben der Deutschen Bahn, die Wirtschaftlichkeit von S 21 und der Zeitplan für das Projektende bezweifelt. Die Aufsichtsräte des Bundes als Eigentümer der DB AG drängen auch darauf, den Ausstieg aus dem Projekt zu prüfen.

Der Bund lehnt es ab, dass die Bahn Mehrkosten in Höhe von 1,1 Milliarden Euro selbst tragen will, wie Bahnchef Rüdiger Grube vorgeschlagen hatte. Eine Grundlage dafür sei „derzeit nicht gegeben“, zitiert die „Stuttgarter Zeitung“ aus dem 15-seitigen Papier. Die Bahn hatte im Dezember mitgeteilt, dass sich der Finanzierungsrahmen von 4,5 auf 5,6 Milliarden Euro erhöhe. Außerdem hat die Bahn Kostenrisiken von weiteren 1,2 Milliarden Euro ausgemacht, für die sie auch die Projektpartner in die Verantwortung nehmen möchte. Insgesamt würden die Projektkosten nach aktuellem Stand auf 6,8 Milliarden Euro steigen.

Auch der Zeitplan wird wohl nicht zu halten sein. Ursprünglich sollte der Bau des unterirdischen Stuttgarter Hauptbahnhofs 2021 beendet sein. Laut Dossier aber könnte sich die Inbetriebnahme aufgrund der Planfeststellungsdauer um drei Jahre auf 2024 verschieben.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der am Dienstag mit einer Delegation die deutsch-irakische Wirtschaftskonferenz  in Bagdad besuchte, stellte klar, dass sich der Bund nicht von Stuttgart 21 distanzieren wolle. Spekulationen darüber seien „Quatsch“, sagte Ramsauer. Dem Bund gehe es um eine „offene Debatte“, sagte ein Ministeriumssprecher. Dies bedeute kein „Abrücken“ vom Vorhaben selbst. Das Papier sei als Vorbereitung für den Workshop des Aufsichtsrats am Dienstag gedacht. Deshalb greife der Vermerk „alle kritischen Fragen“ auf, die Vertreter des Bundes der Bahn im Dezember vermittelt hätten.

Die Sitzung des Aufsichtsrats habe in „ruhiger, sachlicher Atmosphäre“ stattgefunden, hieß es. Das Projekt sei „nicht abmoderiert“ worden. Vielmehr seien kritische Fragen „abgearbeitet“ worden. Die Bahn und das Bundesverkehrsministerium lehnten eine offizielle Stellungnahme ab. Der Aufsichtsrat will auf seiner nächsten Sitzung voraussichtlich am 28. Februar über die Übernahme der Mehrkosten entscheiden.

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, warnte vor einem „zweiten finanziellen Desaster wie beim Berliner Flughafen BER“. Der Bundesrechnungshof solle die Wirtschaftlichkeit des Projekts prüfen. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Norbert Barthle, widersprach Künast. Der Bund sei nicht Projektpartner bei Stuttgart 21. „Ich finde es erbärmlich, dass die Grünen jede Gelegenheit suchen, das Projekt zu behindern“, sagte er dem Tagesspiegel. Man müsse sich überlegen, „ob man eine Klage gegen Stuttgart und das Land Baden-Württemberg anstrebt“. „Wir eröffnen keine Ausstiegsdebatte“, sagte Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart.

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