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© dpa

Umwelt: Kohlendioxid kommt unter die Erde

Die Ministerien für Wirtschaft und Umwelt legen einen Gesetzentwurf zur dauerhaften Speicherung des Klimagases vor. Die Energiekonzerne drücken aufs Tempo.

Berlin - Ein Gesetz wollen die sich sonst in dauernder Rivalität verbundenen Ministerien für Wirtschaft und Umwelt unbedingt noch vor der Bundestagswahl durchbringen: das Gesetz über den Transport und die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid (Co2ATSG). Darin wird geregelt, unter welchen Bedingungen Co2 in Zukunft unterirdisch gelagert werden darf. Das Kanzleramt hat – ein Novum in der großen Koalition – beiden Ministerien gemeinsam die Federführung dafür übertragen. Ende der vergangenen Woche einigten sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium auf einen Entwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, und der nun mit den anderen Ressorts abgestimmt wird. An diesem Mittwoch treffen sich die Ministerien zu einem Ressortgespräch, am Donnerstag bekommen die Bundesländer den Entwurf präsentiert und am Freitag die Verbände.

Das Tempo ist erstaunlich, weil es Berlin oft weniger eilig hat, Richtlinien der Europäischen Union umzusetzen. Doch die Richtlinie zur Speicherung von Kohlendioxid (CO2) vom Dezember 2008 soll wohl auf Druck der Energiekonzerne schnell nationales Recht werden. Die Konzerne klagen seit Monaten, die Rahmenbedigungen für die Technologie, mit der sie ihre Kohlekraftwerke in die Zukunft retten wollen, seien „völlig unklar“. Dabei wird sie schon in der Praxis erprobt: Vattenfall betreibt seit September 2008 eine Testanlage zur CO2-Abscheidung in Jänschwalde. RWE plant eine Versuchsanlage in Hürth. Und vergangene Woche kündigte Eon an, ein Block des Kohlekraftwerks Staudinger bei Hanau solle ebenfalls eine Pilotanlage werden. Auch die unterirdische Lagerung wird getestet. Bei Ketzin nicht weit von Berlin wird ein unterirdischer ehemaliger Gasspeicher in etwa 800 Metern Tiefe mit CO2 befüllt, um zu untersuchen, ob das Gas tatsächlich dort unten bleibt, sowie ob und wie es sich im Gestein ausbreitet.

Obwohl in dem Gesetzentwurf viele technische Fragen offen bleiben, die später über Verordnungen geregelt werden sollen, gibt er den Konzernen zwei klare Botschaften: Die Haftung liegt bei ihnen. Eine Übertragung der Lagerstätten an die Länder ist erst 20 Jahre nach der Schließung möglich. Zudem müssen die Konzerne Rücklagen für die Überwachung der Speicher und für Haftungsfälle bilden.

Doch an anderen Punkten kommen die Ministerien der Industrie weit entgegen. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und das Umweltbundesamt (UBA) sollen Speicher finden und bewerten. Die BGR soll darüber ein Register führen, das öffentlich zugänglich ist. Damit wird den Konzernen einiges an Erkundungsarbeit abgenommen. Zudem soll der Bau CO2-Pipelines von den Kraftwerken zum Speicher mit einem beschleunigten Planfeststellungsverfahren möglich sein, bei dem die Rechte der Öffentlichkeit beschränkt werden. Außerdem müssen die Stromerzeuger für das gelagerte CO2 keine Emissionszertifikate kaufen. Da die Gesamtmenge der CO2-Rechte von 2013 an jährlich sinken wird, dürften die Preise, sobald sich die Konjunktur erholt, deutlich steigen.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) lobt den Gesetzentwurf als „Voraussetzung für Investitionen in eine zukunftsträchtige Energietechnologie“. Greenpeace dagegen kritisiert, dass „keine wirksamen Maßnahmen gegen Leckagen“ vorgesehen seien, obwohl das Gas ohne Behälter gelagert werden soll. Allerdings ist ein Albtraum wie 1986 am Lake Nyos in Kamerun über einem CO2-Speicher eher unwahrscheinlich. Dort waren mehr als 1700 Menschen gestorben, weil eine CO2-Wolke aus dem See ausgetreten war. Weil CO2 schwerer ist als Luft, stieg die Wolke nicht auf, sondern sank auf die Erde und nahm den Menschen die Luft zum Atmen. Doch gerade diese Eigenschaft erhöht im Gestein die Chancen, dass das CO2 dauerhaft unter der Erde bleibt – zumindest theoretisch.

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