zum Hauptinhalt

Umweltminister: Grüne werfen Röttgen Blindflug bei Akw vor

Grafenheinfeld sei sicher, heißt es von der bayerischen Atomaufsicht. Das findet die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, eine geradezu abenteuerliche Argumentation.

Berlin - Die bayerische Atomaufsicht hat keinerlei Zweifel. „Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld ist und war zu jedem Zeitpunkt sicher.“ Das sagte ein Beamter des Münchner Umweltministeriums am Mittwoch im Umweltausschuss des Bundestags. Zwar sei bei einer Ultraschallprüfung zwischen März und Juni 2010 bei einer Leitung, die den Hauptkühlkreislauf mit dem Reaktordruckbehälter verbindet, eine „leichte Auffälligkeit“ entdeckt worden. Doch der Tüv und die Reaktorsicherheitskommission (RSK) hätten keine Bedenken gegen den Weiterbetrieb der Anlage, bis das Rohrstück im Zuge der nächsten Revision des Meilers im März 2011 ausgetauscht werde.

Das findet die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, eine geradezu abenteuerliche Argumentation. „Grafenrheinfeld ist im Blindflug unterwegs, und Umweltminister Röttgen guckt zu“, sagt sie. Sie wirft der Bundesatomaufsicht, also Röttgen, vor, dass er sich hinter den Experten der RSK verstecke, anstatt „die gebotene bestmögliche Schadensvorsorge durchzusetzen“. Es sei auch gar nicht die Aufgabe der RSK, die Abschaltung eines Atomkraftwerks zu fordern. „Die Verantwortung liegt allein beim Bundesumweltministerium“, sagt Wolfgang Renneberg, der in Bonn das Beratungsunternehmen Renneberg Consult leitet. Renneberg war bis zum Regierungswechsel Chef der Reaktorsicherheitsabteilung. Die Gutachter hätten die Aufgabe, die Risiken zu bewerten. Aus seiner Sicht „schiebt die Exekutive die Verantwortung ab“. Eines ist für ihn völlig klar: „Im Primärkreis kann man keine Zweifel dulden.“ Wenn man nicht ausschließen könne, dass es einen Riss gebe, dann müsse gehandelt werden. Deshalb kann Renneberg nicht nachvollziehen, weshalb das Bundesumweltministerium nicht sofort angeordnet hat, dass auch in allen anderen Atomkraftwerken die entsprechenden Leitungen untersucht werden. Das hatte die RSK dem Ministerium schon im September 2010 empfohlen.

Sylvia Kotting-Uhl hält diese Überprüfung vor allem deshalb für notwendig, weil Grafenrheinfeld zu den Atomkraftwerken gehört, die im sogenannten Lastfolgebetrieb gefahren werden. Das bedeutet, das Akw soll weniger Strom produzieren, wenn gerade viel Wind weht. Mit dieser Fahrweise wollen die Betreiberkonzerne die Kritik entkräften, dass der Atomstrom den Ausbau der erneuerbaren Energien ausbremst. Das bedeutet aber auch, dass Atomkraftwerke in kurzer Folge hoch- oder heruntergefahren werden müssen. Und das führt zu einer höheren Belastung der Materialien, was unter dem Stichwort Materialermüdung ohnehin zu den größten Problemen alter Atomkraftwerke zählt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false