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Politik: Umweltschützer - eine Gefahr für Moskaus Sicherheit?

Der Anruf von der russischen Botschaft kam für Tobias Münchmeyer völlig überraschend. Am Tag zuvor hatte er sein Visum für Russland bekommen, alles schien in Ordnung.

Der Anruf von der russischen Botschaft kam für Tobias Münchmeyer völlig überraschend. Am Tag zuvor hatte er sein Visum für Russland bekommen, alles schien in Ordnung. Doch die Botschaft teilte ihm mit, es sei offenbar ein Fehler unterlaufen, und forderte ihn eindringlich auf, noch einmal vorbeizukommen. 24 Stunden später hatte er einen neuen Stempel in seinem Visum: "annulliert". Die Botschaft habe das mit einer Anordnung aus Moskau erklärt, berichtet Münchmeyer. Das war im Dezember 1999. Seitdem hat der Greenpeace-Mitarbeiter kein Visum für Russland mehr bekommen. Zuletzt hat er im März versucht, eine Einreiseerlaubnis zu erhalten - vergeblich.

Greenpeace legte vor russischen Gerichten Einspruch ein, doch auch das blieb ohne Erfolg. Das russische Außenministerium verwies auf Artikel 27 des Einreisegesetzes. Demnach kann die Einreise verweigert werden, falls das für die Wahrung der Sicherheit des Staates erforderlich ist. Als Atom-Experte mit Schwerpunkt Osteuropa setzt sich der Greenpeace-Mitarbeiter für eine Modernisierung der Energieversorgung in Russland ein und warnt vor den Gefahren der Kernenergie. Münchmeyer ist kein Einzelfall. Ekkehard Maaß, der Vorsitzende der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft, der unermüdlich gegen den Tschetschenien-Krieg protestiert, kann seit Juni 2001 nicht mehr nach Russland reisen. Und auch Jochen Töpfer, der die Entwicklung von Nichtregierungsorganisationen in Russland unterstützt, versucht seit knapp zwei Jahren vergeblich, ein Visum zu bekommen. Obwohl Töpfer nie eine Begründung für das faktische Einreiseverbot erhielt, wird in Diplomatenkreisen vermutet, dass auch in seinem Fall Artikel 27 des Einreisegesetzes entscheidend ist.

Den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder haben die drei nun in einem Offenen Brief aufgefordert, sich für sie einzusetzen. Schließlich hätten sie sich mit ihrer Arbeit für den deutsch-russischen Dialog der Bürgergesellschaften eingesetzt, den Putin und Schröder ausdrücklich fördern wollen, argumentieren sie. Das Auswärtige Amt ist mit der russischen Seite schon länger wegen derartiger Fälle im Gespräch. In der russischen Botschaft in Berlin heißt es dazu, solche Fälle seien selten und Erklärungen zu den Gründen unüblich. In deutschen Diplomatenkreisen geht man indes davon aus, dass hinter diesen Entscheidungen nicht das russische Außenministerium, sondern die Sicherheitsorgane stehen.

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