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Umweltschutz: Bundesrepublik erreicht Klimaziel von Kyoto

Der milde Winter und die Mehrwertsteuer haben geholfen, dass Deutschland erstmals die Kyoto-Klimaziele einhalten konnte. Der Streit um den Emissionshandel in der EU geht weiter.

Berlin - Deutschland hat 2007 sein Kyoto- Klimaziel das erste Mal erreicht. Nach den Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) lag der Ausstoß an Treibhausgasen in Deutschland im vergangenen Jahr um 22,4 Prozent unter denen des Jahres 1990, gab das Bundesumweltministerium bekannt. Das Kyo to-Ziel liegt bei minus 21 Prozent im Schnitt der Jahre 2008 bis 2012.

Allerdings haben ein paar Sonderentwicklungen dazu beigetragen, dass die Zahlen so günstig aussehen. So haben viele Hausbesitzer ihre Heizölkäufe wegen der Mehrwertsteuererhöhung noch im Jahr 2006 erledigt. Außerdem war der Winter 2006/2007 mild. Dennoch ist Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sicher, dass Deutschland sein Kyoto-Ziel erreichen werde. Allerdings sind die Emissionen in diesem Jahr wieder gestiegen, vor allem bei der Stromerzeugung. Die Energiekonzerne haben wegen des hohen Gaspreises auf Kohlekraftwerke zurückgegriffen. Zudem standen fünf Atomkraftwerke still, auch diese wurden teilweise durch Kohle ersetzt.

Der UBA-Bericht, der Teil der offiziellen Berichterstattung an das UN-Klimasekretariat ist, ist derzeit in der Ressortabstimmung. Dass die Zahlen von der „Süddeutschen Zeitung“ schon vorher öffentlich gemacht worden sind, kommt dem Ministerium zwei Wochen vor dem EU-Ministerrat zum Klimapaket sowie vor der Weltklimakonferenz im polnischen Posen ziemlich gelegen. Denn vor allem um das EU-Klimapaket wird immer noch erbittert gefeilscht. Deutschland verlangt, ganz im Sinne der Industrie, weitgehende Ausnahmen für energieintensive Gewerbe von der Auktionierung im Emissionshandel. Von 2013 an soll eine Obergrenze für den Kohlendioxid-Ausstoß der gesamten europäischen Industrie festgelegt werden. Die Energiekonzerne sollen dann sämtliche Zertifikate für Kohlendioxid (CO2) ersteigern müssen, die Industrie soll zunächst 20 Prozent und am Ende der Handelsperiode 2020 ebenfalls 100 Prozent der Zertifikate ersteigern. Das ist zumindest der Plan der EU-Kommission. Das will Deutschland aber nicht mitmachen, weil es um seine energieintensiven Industrien fürchtet.

Dabei lehnt die Industrie die Klimaziele nicht ab. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält auch eine Verschiebung der Klimaziele, wie von einigen deutschen Ministerpräsidenten verlangt, für keine gute Idee. BDI-Geschäftsführer Werner Schnappauf sagt: „Der BDI trägt den Klimaschutz mit. Aber es hat keinen Sinn, wenn einzig und allein Europa weit vorprescht.“ Mit Vorpreschen meint er die Auktionierung der Emissionsrechte. Auch für die Energiekonzerne verlangt der BDI einen langsamen Einstieg in die Versteigerung. Und bei der Festlegung der Effizienzregeln für die Autoindustrie bevorzugt der BDI ebenfalls einen langsamen Pfad. Der durchschnittliche Ausstoß eines Neuwagens soll nach dem Wunsch des BDI und der deutschen Autoindustrie erst 2015 bei 120 Gramm CO2 pro Kilometer liegen, nicht schon 2012. Allerdings will Schnappauf die weltweite Autoindustrie nicht aus der Verantwortung entlassen und glaubt, dass sie den Veränderungsbedarf erkannt hat: „Die Aufholjagd hin zum klimafreundlichen Auto ist endlich voll im Gang.“

Dagegen warnt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) gerade jetzt vor einem Nachlassen beim Klimaschutz. „Der Klimaschutz kann nicht warten, bis wir besseres Wetter haben“, sagt Professor Olav Hohmeyer, der auch zu den Autoren des Berichts des Weltklimarats IPCC gehört. Eine Autoindustrie, „die die Zeichen der Zeit nicht erkennt“, werde unweigerlich „in Detroit“ landen, sagt er in Anspielung auf die US-Autobauer, die alle ums Überleben kämpfen. Hohmeyer sieht in der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten einen „Transfer von Geld an Private auf Kosten der Allgemeinheit“. Denn auch als die Energiekonzerne die Zertifikate geschenkt bekommen haben, hätten sie die Kosten entsprechend der Marktpreise für Zertifikate auf den Strompreis aufgeschlagen. Wenn die Zertifikate versteigert würden, würden die Strompreise jedenfalls nicht deshalb weiter steigen, sagt er.

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