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Umweltschutz: Deiche, Deiche, Deiche

Umweltschützer kritisieren: Mittel für Hochwasserschutz an der Elbe sind zu einseitig verwendet worden. Die Schaffung neuer Überschwemmungsflächen stand nicht gerade ganz oben auf der Prioritätenliste.

Berlin - Rund 7,8 Milliarden Euro hat der Bund 2002 für die Beseitigung der Flutfolgen entlang der Elbe zur Verfügung gestellt. Doch dass diese öffentlichen Mittel tatsächlich in einen „vorsorgenden Hochwasserschutz“ geflossen sind, daran hat der Flussexperte Georg Rast vom World Wide Funds for Nature (WWF) Zweifel. Da er es genauer wissen wollte, beauftragte der WWF die Anwaltskanzlei Wolfram Günther, der Frage genauer nachzugehen. Jetzt liegt das Ergebnis vor.

Das meiste Geld ist für die Sanierung von Deichen ausgegeben worden. Fast nie wurde darüber nachgedacht, ob die Deichlinie wirklich die richtige ist. Deichrückverlegungen, um der Elbe „mehr Raum zu geben“ – in den Monaten nach der großen Elbeflut im August 2002 das erklärte Ziel der Hochwasserschutzpolitik – blieben die absolute Ausnahme. Außerdem werden bis heute auf potenziellen Überschwemmungsflächen neue Straßen gebaut oder ausgebaut. Dabei entstehen neue Werte, die im Falle eines Hochwassers gefährdet werden. Nur in zwei Einzelfällen in Sachsen wurden Standorte im Überflutungsgebiet aufgegeben. Zum einen das erst kurz vor der Flut entstandene Wohn- und Gewerbegebiet Röderau-Süd. Es wurde vollständig verlegt, weil selbst den Bewohnern schon während der Katastrophe klar war, dass es durch Deiche nicht zu schützen sein würde. Und in der Gemeinde Weesenstein an der Weißeritz wurden einige völlig zerstörte oder stark beschädigte Gebäude nicht wiedererrichtet. Weitere Verlegungen von Siedlungen sind in ganz Deutschland nicht geplant.

Allen Hochwasserschutzkonzepten betroffener Länder – Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Niedersachsen – gemeinsam ist, dass die Schaffung neuer Überschwemmungsflächen nicht gerade ganz oben auf der Prioritätenliste steht. Doch zumindest soll das Schadenspotenzial in Überschwemmungsgebieten nicht mehr mutwillig erhöht werden. Neubaugebiete dürfen inzwischen nicht mehr in unmittelbarer Flussnähe ausgewiesen werden. In Sachsen wie in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg liegt der Schwerpunkt darauf, die bestehenden Deiche zu erhöhen. In Niedersachsen gibt es dagegen gar kein Hochwasserschutzkonzept.

Georg Rast kann nur geringe Fortschritte erkennen. Als Verbesserung bewertet er, dass zumindest der Neubau in Überschwemmungsgebieten rechtlich erschwert worden ist. Außerdem sei eine Anpassung an die Verhältnisse zu erkennen. Denn zumindest der Bau von Ölheizungen, womöglich noch dazu im Keller eines Gebäudes im Überschwemmungsgebiet, ist inzwischen schwieriger geworden. „Ein nennenswerter Rückbau, um das Schadenspotenzial zu vermindern, ist jedoch nirgendwo zu erkennen“, stellt Rast fest. Besonders ärgerlich findet Rast, dass Flutmittel „regelmäßig dazu verwendet werden, „lang erwünschte und bisher nicht finanzierbare lokale Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren“. Ein besonders krasses Beispiel ist ein Fahrradweg zwischen Dessau und Aken, der durch ein vom WWF verwaltetes Naturschutzgebiet führen soll. Bisher gab es dort entlang der Elbe keinen Radweg, sondern nur etwas weiter weg entlang einer Straße. Nun sollen Mittel zur „Beseitigung von Hochwasserschäden“ eingesetzt werden, um einen neuen Radweg zu bauen, der noch dazu durch das Brutgebiet eines Fischadlers führen soll. Der Fischadler dürfte die längste Zeit dort gebrütet haben. In der Studie werden elf weitere vergleichbare Fälle von öffentlicher Mittelverschwendung aufgelistet.

Die Studie gibt es im Internet:

www.wwf.de/elbe

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