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Politik: UN: Aids breitet sich unaufhaltsam aus

Alle acht Sekunden infiziert sich ein Mensch mit dem HI-Virus / 2,9 Millionen Tote in diesem Jahr

Aids ist nicht zu bremsen: Alle acht Sekunden steckt sich ein Mensch mit dem HI-Virus an. Weltweit leiden 39,5 Millionen Menschen an der tödlichen Krankheit. Damit hat sich die Zahl der Aids-Patienten seit 2004 um 2,6 Millionen Menschen erhöht. „Es ist ein wirklicher Grund zur Besorgnis“, sagte der Chef von UNAIDS, Peter Piot, bei der Vorstellung des jüngsten Opfer-Berichts seiner Organisation am Dienstag in Genf. In vielen Ländern breite sich das Virus sehr schnell aus; die nationalen Gesundheitsdienste hinkten ständig hinterher.

Besonders hart trifft es Frauen: „Weltweit gesehen und auch in jeder Region einzeln betrachtet leben mehr erwachsene Frauen (15 Jahre und älter) als jemals zuvor mit dem HI-Virus“, schreiben die UNAIDS-Experten. Konkret bedroht das Virus 17,7 Millionen Frauen.

Auch sterben immer mehr Menschen an der Immunschwächekrankheit. In diesem Jahr werden nach den UNAIDS-Berechnungen 2,9 Millionen Menschen an Aids sterben. Im Jahr 2004 zählten die Statistiker 2,7 Millionen Aids-Tote. Piot beklagte weiter, dass 2006 rund 4,3 Millionen Menschen weltweit sich neu mit dem HI-Virus infiziert haben – auch dies ein deutliches Plus gegenüber 2004.

Piot warnte, dass Menschen mit einem Hang zum so genannten Hochrisikoverhalten besonders gefährdet seien: Intravenöser Drogenkonsum, ungeschützter bezahlter Geschlechtsverkehr und ungeschützter Sex unter Männern. Im bevölkerungsreichsten Land der Welt, China, wüte gar eine „schwere Epidemie“ unter schwulen Männern.

Besorgnis löst in der Genfer UNAIDS-Zentrale die Unwissenheit der Infizierten aus: Allein im südlichen Afrika sind sich Millionen Aids-Patienten ihres Schicksals nicht bewusst – und werden so zur permanenten Gefahr für ihre Mitmenschen.

Die Region südlich der Sahara bleibt der Brennpunkt der Seuche. Hier leben in diesem Jahr 24,7 Millionen Menschen mit dem Virus – das sind 63 Prozent aller Personen mit HIV weltweit. Die Seuche senkt in der Region stark die durchschnittliche Lebenserwartung: Sie liegt bei 47 Jahren. In den reichen Ländern leben die Menschen rund 30 Jahre länger. Südlich der Sahara findet sich das Land mit der stärksten Ausbreitung der Epidemie: Swasiland. „Schätzungsweise ein Drittel der Erwachsenen lebte 2005 in Swasiland mit dem HI-Virus – das ist die stärkste Epidemie in der Welt“, schreiben die UN-Experten. Und in der Region liegt auch das Land mit den absolut meisten Aidsfällen: Südafrika. Zudem befürchten die Fachleute, dass in Ländern wie Uganda und Burundi die Seuche wieder zurückkehrt – nachdem man glaubte, sie eingedämmt zu haben.

Auch in Osteuropa und Zentralasien dringt die Aidsplage scheinbar unaufhaltsam vor. Besonders hart grassiert die Seuche in Russland und der Ukraine: In beiden Ländern leben etwa 9 von 10 Aidspatienten der Region. In West- und Mitteleuropa zählte UNAIDS 2006 rund 740 000 Männer und Frauen mit Aids. Für Deutschland bietet die UN-Agentur nur Zahlen von 2005: Danach lebten im vergangenen Jahr schätzungsweise 49 000 Aidspatienten in der Bundesrepublik. Besonders gefährdet sind auch hier Männer, die Sex mit Männern haben: „Diese Bevölkerungsgruppe ist schätzungsweise für 70 Prozent der HIV-Neudiagnosen im Jahr 2005 verantwortlich“, schreiben die Fachleute.

Die Anti-Aids-Kämpfer mussten eingestehen: Selbst teure Programme wirken höchstens dämpfend auf die Ausbreitung der Seuche. Die Prognose von Piot fiel düster aus: „Die Aids-Epidemie wird nicht in einigen Jahren beendet sein.“

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