zum Hauptinhalt

UN-Antirassismuskonferenz: Bühne frei für Ahmadinedschad

Die UN-Antirassismuskonferenz droht zum Debakel zu werden: Irans Präsident Ahmadinedschad will dort auftreten. Appelle zum Boykott der Konferenz werden lauter - Berlin wird vermutlich absagen.

Er leugnet den Holocaust, und er ruft zur Vernichtung Israels auf: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Jetzt droht ein neuer Eklat um den Mann aus Teheran. Ahmadinedschad will auf der Antirassismuskonferenz der Vereinten Nationen von Montag bis Freitag in Genf seine Sicht der Dinge darlegen – Ausfälle gegen Israel sind fast vorprogrammiert. Schon jetzt fordern Irans Diplomaten, die Erwähnung des Holocaust in dem Abschlussdokument der Konferenz zu streichen. Dies ist brisant, zumal am Abend des ersten Tages der Zusammenkunft Juden weltweit des millionenfachen Mordes an ihren Glaubensbrüdern durch die Nazis gedenken.

Damit droht der ohnehin umstrittenen Konferenz endgültig ein Debakel: Die Bühne scheint bereitet zu sein für einen Schlagabtausch zwischen westlichen Staaten und islamischen Ländern über Israel. Die Mahnungen der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, die UN-Mitglieder sollten sich auf den Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit konzentrieren, verhallen im Genfer UN-Sitz mehr und mehr. Vor allem sollen die Länder die Fortschritte seit der ersten UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban 2001 überprüfen.

Gleichzeitig werden die Appelle zum Boykott der Konferenz lauter. „Es ist nicht zu verstehen, dass Deutschland so wenig gegen eine Konferenz unternimmt, die zu einem antisemitischen Tribunal gegen Israel umfunktioniert werden soll“, betont Gerald Steinberg von der Organisation gegen Antisemitismus NGO-Monitor in Jerusalem. „Deutschland hat die moralische Verpflichtung, sich entschieden gegen diese Konferenz zu wehren.“ Auch das Simon-Wiesenthal-Center, das weltweit gegen Antisemitismus kämpft, ruft Regierungen zum Fernbleiben auf.

Die Bundesregierung wird der Antirassismuskonferenz vermutlich fernbleiben. „Deutschland wird sich – ebenso wie einige andere EU-Staaten – mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an der Konferenz nicht beteiligen“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), am Donnerstag in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Die endgültige Entscheidung soll an diesem Freitag fallen. Damit wäre Deutschland erstmals seit Jahrzehnten bei einer wichtigen UN-Konferenz nicht dabei.

Diplomaten befürchten, dass die Genfer Konferenz zu einer peinlichen Neuauflage von Durban ausartet: Israelgegner funktionierten die erste Antirassismuskonferenz in Südafrika zu einem Anti-Israel-Tribunal um. Noch aber beteiligen sich deutsche Diplomaten und ihre Kollegen aus EU-Ländern an den Vorbereitungen der Konferenz. Israel und Kanada hingegen bleiben der Zusammenkunft fern. Die US-Regierung unter dem ersten farbigen Präsidenten Barack Obama ließ ihre Teilnahme bis Donnerstag weiter offen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und seine EU-Kollegen hatten bereits vor Wochen mit einem Boykott der Konferenz gedroht. Die EU und die USA wollten nicht hinnehmen, dass die UN-Konferenz Israel wegen seiner Palästinenserpolitik an den Pranger stellt. Das aber planten die islamischen Staaten. Mehr noch: Länder wie Pakistan und Libyen zielten darauf ab, Israel als einzigen rassistischen Staat zu bezichtigen. mit dpa

Jan Dirk Herbermann[Genf]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false