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Braunkohlekraftwerkes der Vattenfall AG im brandenburgischen Jänschwalde.

© dpa

UN-Klimagipfel in Warschau: Deutschland spielt beim Klimaschutz kaum noch eine Rolle

Deutschland zeigte bei den Klimagipfel-Verhandlungen in Warschau wenig Engagement – Umweltminister Altmaier reiste nach nur einem Tag sogar schon wieder ab. Mangelt es Berlin umweltpolitisch an Ehrgeiz?

Der 19. Klimagipfel in Warschau hat 37 Stunden Verlängerung, 25 000 Tafeln Schokolade und 12 000 Äpfel gebraucht, um am Samstagabend doch noch zu einem Abschluss zu kommen. „Die Konferenz hat uns auf den Weg zu einer Vereinbarung im Jahr 2015 gebracht, aber nicht zu einer Welt mit weniger als zwei Grad Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.“ Das war das Fazit der Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres. Das Ergebnis ist bescheiden. Es gab Einigungen in Teilthemen, aber auf einen realistischen Zeitplan für die Substanz des Klimavertrags, der in zwei Jahren beschlossen werden soll, konnten sich die gut 190 Vertragsstaaten nicht verständigen.

Die Chefin der Entwicklungsorganisation Oxfam, Winnie Byanyima, sprach gar von einer „Abwärtsspirale“ bei den Verhandlungen. Thomas Hirsch von der Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ nannte den Gipfel einen „neuen Tiefpunkt der Klimadiplomatie“. Daran hatte Gastgeber Polen einen bedeutenden Anteil. Aber auch die anderen Europäer haben es nicht geschafft, den Verhandlungen eine positive Wendung zu geben.

Im Gegensatz zur Vergangenheit spielt Deutschland bei Klimakonferenzen kaum noch eine Rolle. Aus mehreren Gründen. Einer ist, dass die Schwellenländer selbstbewusster ihre Interessen vertreten und Staaten wie Deutschland so in die zweite Reihe rücken. Aber es hat auch damit zu tun, dass die deutsche Klimapolitik derzeit nicht als besonders ehrgeizig gilt.

Altmaier nahm sich nur einen Tag Zeit für den Klimagipfel

Beim Warschauer Klimagipfel beschränkte sich die Bundesrepublik auf einen eintägigen Kurzbesuch des amtierenden Umweltministers Peter Altmaier (CDU), der am Mittwoch einflog, Forderungen an andere stellte, die Energiewende als solche lobte und 30 Millionen Euro für den darbenden Anpassungsfonds mitbrachte. Für den Anpassungsfonds, den einzigen, in dem Entwicklungsländer bei Entscheidungen über die Ausgaben eine Mehrheit haben, waren die 30 Millionen Euro aus Deutschland tatsächlich die Rettung. Auf dieses Signal hin haben weitere europäische Staaten den Fonds auf 105 Millionen Dollar aufgefüllt. Aus dem Anpassungsfonds sollen Entwicklungsländer dabei unterstützt werden, sich auf Wetterkatastrophen, den steigenden Meeresspiegel und häufigere Dürren oder Überschwemmungen besser vorzubereiten. Dieser wird zudem zur Hülle für einen neuen Warschau-Mechanismus, über den klimabedingte, unabwendbare Schäden in Entwicklungsländern abgegolten werden könnten. Wie das konkret aussehen soll, wird frühestens beim nächsten Weltklimagipfel in Peru verhandelt. Der Streit darüber, ob Industriestaaten für solche Klimaschäden in Entwicklungsländern haftbar gemacht werden können, ist damit nicht gelöst.

Die Signale aus den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD zur Energiewende sind in Warschau jedenfalls nicht als überzeugend genug angekommen, als dass dort irgendjemand auf Deutschland gesetzt hätte. Die deutschen Signale in Richtung Europäische Union sind auch nicht ermutigend. Im Entwurf für den Koalitionsvertrag haben sich die Parteien zwar darauf geeinigt, in Brüssel für eine Beibehaltung von drei Zielen für 2030 einzutreten: ein Minderungsziel für die Treibhausgasemissionen, ein Ausbauziel für erneuerbare Energien und ein Effizienzziel. Aber beim Minderungsziel wollen Union und SPD lediglich 40 Prozent Kohlendioxid im Vergleich zu 1990 verlangen. Dafür müsste die EU nach Berechnungen des niederländischen Forschungsinstituts Ecofys nahezu nichts mehr tun. Ganz sicher reicht es nicht, um den am Boden liegenden Emissionshandel flott zu machen. Deshalb verlangen Umweltverbände von der künftigen Bundesregierung, sich für ein Minderungsziel von 55 Prozent bis 2030 einzusetzen. Alles andere wäre „schlichtweg peinlich“, sagte Christoph Bals von Germanwatch.

Altmaier hatte jedoch andere Prioritäten. Er flog zurück nach Berlin – obwohl die Ko-Vorsitzende der Energieverhandlungsgruppe, Hannelore Kraft (SPD), kein großes Interesse zeigte, die Themen weiter zu verhandeln. Das war geplant, damit die Parteivorsitzenden keine unlösbaren Probleme mehr auf dem Tisch haben. Altmaier handelte nach seiner Rückkehr dann mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stefan Weil (SPD) aus, dass die üppige Anfangsförderung für Offshore-Windparks im Meer um zwei Jahre verlängert wird. Das dürfte die Nordländer damit versöhnen, dass das Ausbauziel für Offshore-Wind gesenkt werden soll. Dieses Detail war Altmaier wichtiger als der Klimagipfel in Warschau. Aber möglicherweise war seine Abreise nur die Anerkennung der Tatsache, dass deutsche Umweltminister mehr als 30 Millionen Euro im Gepäck haben müssen, um auf Klimagipfeln noch ernsthaft etwas zu bewegen.

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