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UN-Konferenz in Durban: Klima der Zerstörung

Am Beispiel des Tschadsees zeigt sich die afrikanische Verwundbarkeit: Von 25.000 Quadratkilometern ist der einst größte afrikanische Binnensee um mehr als 90 Prozent auf jämmerliche 1300 Quadratkilometer geschrumpft.

Einen „Planeten B“ gebe es so wenig wie einen „Plan B“ hat die Chefin des Klimasekretariats der Vereinten Nationen, Christiana Figueres in Durban gesagt. Dennoch hat die erste Verhandlungswoche beim Weltklimagipfel kaum Ergebnisse gebracht. Deshalb sind am Wochenende tausende Menschen durch die südafrikanische Stadt gezogen und haben ein Ende des Verhandlungsstillstands gefordert – vor allem für Afrika, das nach Einschätzung vieler Nichtregierungsorganisationen die Zeche für das zerstörerische Wirtschaften der Industriestaaten bezahlt.

Satellitenfotos zeigen den Tschadsee im Jahr 1963 – ein See so groß wie ein Meer oder genauer: so groß wie Israel. Mächtige Barsche zogen die Fischer damals aus dem bis zu 25 Meter tiefen Wasser. Der Großteil des Sees lag damals in Nigeria; riesige Wasserflächen gehörten aber auch zum Niger, zu Kamerun und zum Tschad, der dem See seinen Namen gab. Der Kontrast zu den jüngsten Aufnahmen könnte kaum größer sein. Von 25.000 Quadratkilometern ist der einst größte afrikanische Binnensee um mehr als 90 Prozent auf jämmerliche 1300 Quadratkilometer geschrumpft. Von oben sieht er nun aus wie eine große Pfütze, umgeben von unwirtlichem Land. Nigeria und Niger haben gar kein Wasser mehr. Wo sich einst Dörfer wie Perlen am Ufer des Sees aneinanderreihten, erinnern heute nur noch zerfallene Fischerboote auf dem Trockenen an ein Gewerbe, das tausenden Menschen ein Auskommen sicherte. Das größte Stück See gibt es heute im Tschad. Aber selbst dort müssen die Fischer oft mehr als eine Stunde laufen, um ans Wasser zu gelangen.

Für viele in Durban ist die Sache einfach: Das Schrumpfen des Tschadsees passt zur Diagnose Klimawandel. „Unseren Berechnungen nach werden in Afrika bis 2020 bis zu 250 Millionen Menschen Opfer von Wassermangel, der dem Klimawandel zuzuschreiben ist“, sagt der Vorsitzende des Weltklimarats, Rajendra Pachauri. Allein die bereits niedrigen landwirtschaftlichen Erträge drohten vielerorts um 50 Prozent zu sinken. Die Zunahme von Unwettern, Überschwemmungen und Dürren belaste arme Länder besonders. Deshalb geht es neben einer Verlängerung des Kyoto-Protokolls, dem einzigen verbindlichen Klimaabkommen, um einen Grünen Klimafonds. Er soll armen Ländern helfen, sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. „Es ist eine Frage von Leben und Tod“, mahnt Südafrikas Präsident Jacob Zuma.

Doch weder Zuma noch Pachauri sprechen davon, wie groß der Anteil direkter lokaler Eingriffe am afrikanischen Umweltdrama ist. Wissenschaftler wie Michael Coe und Jonathan Foley, die das Austrocknen des Tschadsees erforscht haben, sind überzeugt: Die Verwüstung rund um den See ist das Ergebnis einer fatalen Kombination aus Klimawandel und ungebremstem Bevölkerungswachstum. Immer höhere Temperaturen und damit verbunden immer weniger ergiebige Regenfälle sind demnach hauptverantwortlich für das Austrocknen des Sees. Gleichzeitig aber haben unzählige Bewässerungssysteme den Wasserspiegel stark gesenkt. Je mehr Menschen hier leben, desto mehr Lebensmittel werden benötigt und desto größer ist die Wasserentnahme. Mehr als 25 Millionen Menschen sind heute für ihr Überleben auf den See angewiesen. Nach dem See sind Bäume und Gras gestorben. Als Folge produzieren die Kamele weniger Milch. Dürren führen zur Überweidung, zu Erosion und zum Verlust der Pflanzendecke. Die künstliche Bewässerung entzieht dem See fortlaufend Wasser, das nie ersetzt wird. Am Ende stehen Hungersnöte. mit deh

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