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Politik: UN-Kriegsverbrechertribunal: Ihr Plädoyer lautet: Nicht schuldig

Biljana Plavsic, die Biologieprofessorin und frühere Präsidentin der bosnischen Serbenrepublik, hat vor dem UN- Kriegsverbrechertribunal den Kampf auch gegen ihr schlechtes Image aufgenommen. Als die 70-Jährige am Donnerstag in Den Haag erstmals vor ihren Richtern stand, um eine schwere Kriegsverbrecher-Anklage Punkt für Punkt zurückzuweisen, trat sie mit der gemessenen Eleganz einer Dame und sichtlich von ihrer Unschuld überzeugt auf.

Biljana Plavsic, die Biologieprofessorin und frühere Präsidentin der bosnischen Serbenrepublik, hat vor dem UN- Kriegsverbrechertribunal den Kampf auch gegen ihr schlechtes Image aufgenommen. Als die 70-Jährige am Donnerstag in Den Haag erstmals vor ihren Richtern stand, um eine schwere Kriegsverbrecher-Anklage Punkt für Punkt zurückzuweisen, trat sie mit der gemessenen Eleganz einer Dame und sichtlich von ihrer Unschuld überzeugt auf. Nichts war davon zu spüren, dass ihr die Begegnung mit Tausenden von Mordopfern serbischer Politik, wie sie die Anklageschrift aufführt, die Nachtruhe geraubt hätte. Immerhin hatte sie die Vorwürfe 24 Stunden vorher erstmals im Detail kennen gelernt.

Die Frau im lilafarbenen Kostüm mit passend farbiger Bluse und dem Kreuz an der Kette soll für eine brutale Politik mitverantwortlich sein, für deren blutige Umsetzung Den Haag schon bis zu 40 Jahre Haft verhängt hat.

Ja, sie habe die Anklageschrift genau gelesen, und sie habe die Vorwürfe auch verstanden, versicherte sie Richter Richard May und seinen beiden Kollegen. Dass sie dann in der geforderten knappen Form den neun Anklagepunkten in ihrer Heimatsprache ihr "nicht schuldig" entgegensetzte, löste in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal keine Überraschung aus. Schließlich hatte sie den Medien in Serbien zuvor ausführlich dargelegt, dass sie nach Den Haag gehe, um ihre Unschuld zu beweisen.

In ihrem Gepäck habe sie ein Dokument, mit dem sie beweisen könne, dass sie keinerlei Schuld an all den grausigen Vorgängen treffe, die man ihr vorhalte, konnte man noch am Donnerstag aus Belgrad hören. Ob es ein solches Papier gibt und ob es wirklich die erwünschte Wirkung haben wird, muss abgewartet werden.

Dass es Absprachen hinter den Kulissen gebe, um sie etwa zu Aussagen gegen Radovan Karadzic und Slobodan Milosevic im Austausch für eine milde Strafe zum Gang nach Den Haag zu bewegen, halten Kenner der Tribunal-Justiz ebenfalls für unwahrscheinlich. Zudem hat sich Chefanklägerin Carla del Ponte mit der Zusicherung öffentlich festgelegt, dass es keinerlei Absprachen für die freiwillige Übergabe gegeben habe. Gegen Plavsic war am 7. April 2000 eine geheime Anklage erhoben worden. Sie war während des Bosnienkrieges von 1992 bis 1995 Stellvertreterin des Serbenführers Karadzic, gegen den das Tribunal einen internationalen Haftbefehl erlassen hat. 1996 distanzierte sie sich von Karadzic und schlug einen gemäßigten Weg ein. Damit wurde sie für die internationale Gemeinschaft zur willkommenen Ansprechpartnerin, die sogar gegen die serbischen Ultraradikalen Wahlen gewann. Lange konnte sich Plavsic als Präsidentin jedoch nicht halten. 1998 wurde sie abgewählt, ohne den hohen Erwartungen des Westens in Sachen Flüchtlingsrückkehr und Demokratisierung auch nur im Ansatz gerecht worden zu sein.

Bis heute ist die serbische Teilrepublik von Anhängern ultranationalistischer Positionen beherrscht, die ein Zusammenleben mit Kroaten und Moslems unter dem gemeinsamen Staatsdach Bosnien-Herzewogina auch unter internationaler Assistenz blockieren.

Edgar Denter

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