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UN-Skandal: Deutsche Schmiergelder für Saddam

Mehr als 600 Seiten umfasst der Abschluss-Bericht über Korruption und Bestechung im UN-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel". Auch Siemens und DaimlerChrysler sollen Schmiergelder an den Ex-Diktator gezahlt haben.

New York - Zu den weltweit mehr als 2200 Unternehmen, die Schmiergelder an den irakischen Ex-Diktator Saddam Hussein gezahlt haben, gehören auch dutzende deutsche Firmen, darunter Siemens und DaimlerChrysler. Das geht aus dem Abschlussbericht einer Untersuchungskommission unter dem Vorsitz des früheren US- Notenbankchefs Paul Volcker hervor. Der 623-seitige Report über Korruption und Bestechung bei der Abwicklung des größten Hilfsprogramms in der UN-Geschichte - «Öl für Lebensmittel» - wurde am Donnerstag (Ortszeit) in New York veröffentlicht.

Dabei hatte Saddam für Aufträge Schmiergeld verlangt. Zahlungen dieser Art sind bei internationalen Geschäften üblich, waren aber wegen der UN-Sanktionen und Bestimmungen des Programms verboten. «Der Grundfehler war, dass Bagdad seine Geschäftspartner selbst aussuchen konnte», stellte Volcker vor der Presse fest.

Der Schweizer Strafrechtsexperte und leitende Mitarbeiter der Volcker-Kommission, Professor Mark Pieth (Basel), hob in New York die Großunternehmen Siemens, DaimlerChrysler und Volvo hervor. Es sei möglich, dass die Justiz den Fällen nachgehen und Strafverfahren gegen die Firmen einleiten werde. In dem Bericht sind unter anderem auch Fresenius, Ruhrpumpen und Carl Zeiss aufgeführt.

DaimlerChrysler lehnte am Freitag in Stuttgart jede Stellungnahme zu den Ergebnissen der Untersuchung unter Hinweis auf laufende und Ermittlungen der US-Börsenaufsicht und des amerikanischen Justizministeriums ab. Siemens in München stellte fest, dass sich die Anschuldigungen nicht gegen die Siemens AG, sondern gegen die Tochterunternehmen Siemens Frankreich, Siemens Türkei sowie gegen Osram Middle-East richteten.

Pieth erklärte sich in New York «sehr enttäuscht, dass 2200 Firmen der Creme der Weltwirtschaft den Zahlungen zustimmten, um Irak- Geschäfte zu machen». Seinen Angaben zufolge verlangte Bagdad Schmiergelder von zehn und mehr Prozent für Ölexportverträge sowie für Verträge zum Import humanitärer sowie technischer Güter. Die Aufpreise brachten ihm dem Bericht zufolge mehr als drei Milliarden Dollar ein. Weitere elf Milliarden Dollar Gewinn machte Saddam mit illegalem Öl-Schmuggel.

Die russische Regierung kritisierte die Arbeit der UN-Ermittler. «Von den Dokumenten, die man uns gezeigt hat, waren viele gefälscht», sagte Außenminister Sergej Lawrow. Neben dem mittlerweile größten russischen Ölkonzern Lukoil werden in dem Bericht auch einflussreiche russische Politiker genannt, darunter der stellvertretende Parlamentschef Wladimir Schirinowski sowie der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow.

Die von UN-Generalsekretär Kofi Annan auf Druck von Washington angeforderte Untersuchung kostete nach Angaben von UN-Sprecher Stephané Dujarric 38 Millionen Dollar (31,3 Millionen Euro). Volcker erhob schwere Vorwürfe gegen die Vereinten Nationen, die das Hilfsprogramm organisiert und kontrolliert hatten. «Ihr Versagen ist klar erkennbar». Auf Hinweise vor Ort hätte das UN-Sekretariat unter Annan selten reagiert. Ebenso versagt habe der Sicherheitsrat, der die Programmabwicklung in seinem Sanktionskomitee überprüfte. (tso/dpa)

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