zum Hauptinhalt

Politik: Und noch mehr Meilen

Das dicke Rabattkonto bei Lufthansa nutzt dem Bundestag kaum

Von Antje Sirleschtov

Noch nicht einmal sechs Monate ist es her, da erschütterte eine Aufsehen erregende Affäre den Deutschen Bundestag. „Meilenskandal“ titelten die Zeitungen und enthüllten beinahe täglich wilde Geschichten über Volksvertreter, die sich auf Kosten der Steuerzahler Erholungstrips in den sonnigen Süden genehmigten. Ob Koalition oder Opposition, quer durch die Reihen der Fraktionen hatten Abgeordnete ihre dienstlich erflogenen Bonusmeilen für das private Vergnügen eingesetzt. Und das, obwohl die Rabatte doch eigentlich dem Parlament zur Verfügung stehen sollten. Der Skandal war perfekt. Weil eine Liste mit den Namen der Bonus-Haie aus dem Computer der Lufthansa geschmuggelt worden war, lieferte sich nicht nur Parlamentspräsident Wolfgang Thierse einen erbitterten Schlagabtausch mit der Airline. Namhafte Vielflieger kostete der öffentliche Wirbel sogar ihre Posten.

Und nun? Alle Aufregung umsonst, könnte man meinen. Denn jetzt sitzen die Abgeordneten auf einem unüberschaubaren Meilenberg. Kaum, dass sie ein Flugzeug betreten, kommen auf ihren Konten neue Bonuszahlen hinzu. „Es ist wie ein Fluch“, schimpft der Unionsabgeordnete Volker Kauder, Mitglied im Ältestenrat. Denn die verfluchten Meilen von einst kleben wie Pech an den Parlamentariern. Sie werden sie einfach nicht mehr los. Selbst längst ausgeschiedenen Politikern wie Oswald Metzger bescheinigt die Lufthansa regelmäßig einen satten Bundestags-Bonus.

Schlummert da ein neuer Skandal? Mitnichten, beruhigt Thierses Verwaltungsapparat. Schon kurze Zeit nach der Sommeraufregung hatte der Ältestenrat alle Abgeordneten per Rundbrief angewiesen, sich bei der Lufthansa ein separates Meilenkonto zu besorgen. Natürlich für den ausschließlichen Dienstgebrauch. Durch Abgabe der Pin-Nummer bei der Verwaltung stehen die Meilen seitdem nicht nur dem Sammler selbst, sondern grundsätzlich auch allen anderen Abgeordneten zur Verfügung.

Ganz einfach, könnte man denken. Kann sich doch jetzt der Flugdienst beim Meilenkonto etwa von Franz Müntefering bedienen, wenn Angela Merkel nach Washington fliegt und nicht genug eigene Meilen hat. Die Krux: Parlamentarier wie Merkel haben meist feste Termine, ob in Amerika oder im Wahlkreisbüro. Doch wenn ein bestimmter Flug bereits gut gebucht ist, nimmt die Lufthansa Meilen zur Zahlung nicht mehr an. Und der Volks-Bonus türmt sich immer höher auf. Bis zum nächsten Skandal?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false