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Politik: Undemokratisch, aber stabil - in Zentralasien ist die Revolution ausgeblieben

Zentralasien ist eine Region der starken Männer. Für Islam Karimow, seit zehn Jahren Präsident Usbekistans, stimmten bei der Wahl am Sonntag planmäßig 92 Prozent.

Zentralasien ist eine Region der starken Männer. Für Islam Karimow, seit zehn Jahren Präsident Usbekistans, stimmten bei der Wahl am Sonntag planmäßig 92 Prozent. Der einzige Gegenkandidat verblüffte mit dem Bekenntnis, auch er habe Karimow gewählt. Ähnlich ist die Lage in anderen moslemischen GUS-Republiken. Nach Auflösung der UdSSR ersetzten autoritäre Präsidial-Regimes die KP-Macht in Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Turkmenistan. Der Kasache Nursultan Nasarbajew und der Kirgise Askar Akajew lassen zumindest Ansätze von Demokratie zu. Karimow dagegen regiert Usbekistan mit harter Hand. Und in Turkmenistan lässt sich Saparmurad Nijasow in stalinistischer Manier als "Turkmenbaschi" (Vater aller Turkmenen") verehren.

Die nationale Unabhängigkeit war in Zentralasien nicht Resultat eines demokratischen Aufbruchs. Die alten Kader herrschen bis heute, und sie orientierten sich nicht am Westen, sondern an diktatorischen Vorbildern Asiens. Ihre Verdienste sollte man aber trotz gravierender Demokratiedefizite und der post-sozialistischen Wirtschaftsmisere nicht verkennen. Ihre Vielvölkerstaaten sind zum einen nicht in Separatismus, Chaos und Bürgerkrieg versunken. Zum anderen wurden die Gebiete zwischen kasachischer Steppe und Pamirgebirge unter den gemäßigten Führern sowjetisch-atheistischer Prägung nicht zum Einfallstor radikal-islamischer Ideen, wie sie etwa in Afghanistan gedeihen. Beides ist nicht zu unterschätzen. Denn in Zentralasien treffen geopolitische Interessen der Großmächte aufeinander. Es geht um die Erdöl- und Erdgasvorkommen rund um das Kaspische Meer - und um die Exportrouten. Seit Mitte der 90er Jahre versuchen die USA, an Russlands Südflanke vom Schwarzen Meer bis Asien Einfluss zu gewinnen. Der ehemalige US-Präsidentenberater Zbiegniew Brzezinski fordert ganz offen, man müsse verhindern, dass Moskau den Raum allein beherrscht. Auch die Nato fasst in Zentralasien Fuß: Usbekistan rüstet auf US-Waffen um, Turkmenistan hat ein Kooperationsabkommen mit dem Bündnis unterzeichnet.

Ein gefährliches Spiel: Moskaus Militärs haben ihre Kräfte derzeit in Tschetschenien gebunden, fühlen sich aber durch das Auftreten der Amerikaner gereizt. Ein instabiles Zentralasien böte beiden Seiten Gelegenheit zum Zündeln, zu Stellvertreter-Konflikten wie im Kalten Krieg. Auch die harte Hand der Potentaten Zentralasiens hat die Welt vor einem solchen Szenario bewahrt.

Doris Heimann

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