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Politik: Unesco entscheidet über Aufnahme der Palästinenser

USA drohen mit Stopp ihrer Beitragszahlung für UN-Organisation – Deutschlands Haltung noch unklar

Paris - Tagelang haben europäische und US-Diplomaten hinter den Kulissen der UN-Kulturorganisation Unesco alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Abstimmung über die Aufnahme der Palästinenser zu verhindern. Bis zuletzt versuchte der Nahostbeauftragte des US-Außenministeriums, David Hale, die Palästinenser zum Rückzug ihres Antrags zu bewegen. Doch aller Druck nützte nichts. Die Palästinenser hielten an ihrem Antrag auf Vollmitgliedschaft fest. Daher wird die Unesco-Generalkonferenz in Paris an diesem Montag darüber abstimmen.

Diplomaten zufolge ist damit zu rechnen, dass der Aufnahmeantrag die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit der 193 Mitgliedsländer erhält – zumal der Antrag im Oktober im Unesco-Exekutivrat mit großer Mehrheit gebilligt wurde. Von den 58 Mitgliedern dieses Gremiums stimmten nur vier gegen eine Aufnahme – die USA, Deutschland, Lettland und Rumänien. Zum Abstimmungsverhalten Deutschlands bei dem Votum am Montag wollte das Auswärtige Amt nichts sagen.

Der Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Berlin, Abdallah Frangi, zeigte sich enttäuscht über die Haltung Deutschlands und der USA. Eine kulturelle Zusammenarbeit führe dazu, dass sich Völker „gegenseitig befruchten können, im positiven Sinne“, sagte Frangi. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums verwies darauf, dass derzeit auch im UN-Sicherheitsrat ein Antrag auf Aufnahme Palästinas – und damit Anerkennung als Staat – geprüft wird. Solange dieses Verfahren nicht abgeschlossen sei, sei eine Aufnahme in die UN-Teilorganisation verfrüht.

Bei dem Tauziehen geht es auch um viel Geld. Denn die USA drohen, ihre Beitragszahlungen an die Unesco zu stoppen, sollten die Palästinenser Vollmitglied werden. Die UN-Organisation würde damit jährlich rund 70 Millionen Dollar (rund 50,3 Millionen Euro) verlieren – gut ein Fünftel ihres Haushalts.

Washington beruft sich auf zwei Gesetze aus den 90er Jahren, die finanzielle Unterstützungen für Organisationen mit Palästina als Vollmitglied untersagen.

Andererseits hat auch Washington kein Interesse an einem Bruch mit der Unesco. Zwar hatten die USA die Kulturorganisation 20 Jahre lang (von 1984 bis 2003) boykottiert – unter anderem, weil sie ihr schlechte Haushaltsführung vorwarfen. Doch heute nehmen sie wieder aktiv an den Programmen der Unesco teil, in der Hoffnung, dass damit bestimmte westliche Werte vermittelt werden.

US-Diplomaten, unterstützt von europäischen Kollegen, suchten daher bis zuletzt nach einer Lösung. Als Alternative boten sie den Palästinensern den Beitritt zu drei Abkommen an, die auch Nichtmitgliedern offenstehen. Eines davon ist das Abkommen über das Weltkulturerbe. Damit könnten die Palästinenser beantragen, dass historische Stätten wie die Geburtskirche in Bethlehem zum Weltkulturerbe erklärt werden. Palästinensische Vertreter lehnten das Angebot jedoch als unzureichend ab – und Diplomaten am Pariser Sitz der Organisation rechnen damit, dass Außenminister Rijad al Malki bei dieser Haltung bleiben wird, wenn er am Montag wie erwartet vor der 36. Generalkonferenz der Unesco spricht.

Über den Antrag auf Anerkennung eines Palästinenserstaates durch die UN könnte der UN-Sicherheitsrat am 11. November entscheiden. Ein Scheitern dieses Ansinnens gilt als sicher, weil die USA ihr Veto angekündigt haben. In der Unesco hingegen hat Washington kein Vetorecht. Die USA befürchten, dass die Palästinenser nach einem Erfolg bei der Unesco ihre Bemühungen nach Anerkennung anderweitig fortsetzen könnten – etwa bei der Weltgesundheitsorganisation oder der Welthandelsorganisation. Entsprechende Vorstöße seien geplant, bestätigte Imad Zahairi, ein palästinensischer Diplomat in Genf. „Wir werden nicht zögern, uns an alle internationalen Organisationen zu wenden.“ AFP

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