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Politik: Ungleiche Chancen

Beobachter: Medien bevorzugten im Wahlkampf Putin

Moskau/Berlin . Internationale Beobachter haben den Ablauf der Präsidentenwahl in Russland und insbesondere den Wahlkampf kritisiert. „Es hat deutliche Defizite gegeben“, sagte der Leiter der Wahlbeobachter-Delegation des Europarates, Rudolf Bindig (SPD), dem Tagesspiegel. „Der demokratische Standard wurde nicht erreicht, besonders in den Bereichen Fairness, Chancengleichheit und geheimer Wahl.“ Die Wahlbeobachter hatten in etwa jedem vierten Wahllokal Probleme bei der Stimmabgabe oder bei der Auszählung registriert. Ein eindeutiger Manipulationsversuch wurde aber nur aus einem Moskauer Wahllokal gemeldet.

In vielen Fällen wurde der Grundsatz der geheimen Wahl missachtet. „Wenn es im Wahllokal voll war, füllten die Leute ihre Stimmzettel einfach auf der Fensterbank oder an Tischen aus“, berichtete Bindig. So konnte jeder sehen, wem sie ihre Stimme gaben. Insgesamt sehen die Wahlbeobachter beim technischen Ablauf der Wahl Fortschritte. Scharfe Kritik äußern sie jedoch am Wahlkampf selbst: „Das staatlich kontrollierte Fernsehen hat den Amtsinhaber eindeutig bevorzugt“, kritisierte Bindig. Insgesamt wurde acht- bis zehnmal häufiger über Präsident Wladimir Putin berichtet als über die anderen Kandidaten – eine Ungleichverteilung, die sich nicht allein mit dem Bonus des Amtsinhabers erklären lässt. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten zudem, dass Putin weitestgehend auf einen konventionellen Wahlkampf verzichtete. „Diese Wahl kann nicht als Test des russischen demokratischen Systems gesehen werden“, erklärte Julian Peel Yates, Leiter der OSZE-Wahlbeobachtermission am Montag. Kritik gab es auch an der massiven Kampagne, mit der die Wahlbeteiligung erhöht werden sollte: „Einige dieser Werbespots ähnelten denen, die die Kreml-Partei vor der Duma-Wahl im Dezember veröffentlicht hat“, kritisierte Bindig. Erklärtes Ziel der Kreml-Partei Einiges Russland ist es, Präsident Putin zu unterstützen.

Als Konsequenz aus dieser Wahl forderte Bindig eine veränderte Medienlandschaft in Russland. „Diese Defizite kann man nur beseitigen, wenn man ein öffentlich-rechtliches Medienwesen schafft, besonders für das Fernsehen.“ Putins enger Vertrauter Dmitrij Kosak, der gerade erst zum Leiter des Regierungsapparates berufen worden ist, hat im Gespräch mit Bindig versichert, dass ein Gesetz für ein öffentlich-rechtliches Rundfunkwesen vorbereitet wird. Es solle noch in diesem Jahr in der Duma beraten und beschlossen werden.

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