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Unikliniken: Ganzwöchiger Ärztestreik hat begonnen

Die Ärzte der Universitätskliniken lassen die größte Streikwelle seit Beginn ihres Ausstandes durch Deutschland rollen. Erheblich eingeschränkt sind vor allem Operationen, die ambulante Versorgung, Lehre und Forschung.

Berlin/Göttingen - Die Arbeitgeberseite, die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), will "beim Angebot nicht nachbessern". Das sagte der TdL-Vorsitzende, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), vor streikenden Ärzten in Göttingen. Es gebe bisher keinen neuen Termin für weitere Verhandlungen mit der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB), sagte Möllring der dpa.

MB-Chef Frank Ulrich Montgomery rief während der Ärzte-Vollversammlung des Göttinger Universitätsklinikums zu einer Ausweitung des Arbeitskampfes auf. Je heftiger gestreikt werde, desto größer sei die Chance, schnell zu einer "fairen Lösung" zu kommen.

Mit 12.300 streikenden Medizinern an 39 Krankenhäusern werde der jüngste Streikrekord vom 11. April gebrochen, teilte der Marburger Bund mit. An den Kliniken in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und zahlreichen anderen Standorten begann am Morgen erstmals ein einwöchiger Dauerstreik. Am Göttinger Universitätsklinikum legten rund 200 Assistenzärzte die Arbeit nieder. "Oberste Priorität hat die Patientensicherheit", versicherte der Sprecher des Marburger Bundes Athanasios Drougias der dpa. Notfälle würden ausnahmslos behandelt.

So beteiligen sich an Rhein und Ruhr pro Klinik etwa 300 Ärzte an dem Streik. Ausgenommen sind Intensivstationen, Kinderkliniken, Notaufnahmen, Kreißsäle und Dialyse-Stationen. Dies sei mit den sechs Unikliniken in Notvereinbarungen ausgehandelt worden.

Schon die Streikmaßnahmen in den vergangenen Wochen hatte tiefe Löcher in die Klinikbudgets gerissen. Bei der Uniklinik Düsseldorf etwa belaufen sich die täglichen Verluste nach Auskünften einer Sprecherin auf etwa 200.000 Euro. "Aber wir gehen davon aus, dass dies mehr wird". Die niedergelassenen Ärzte würden ihre Patienten zunehmend an andere Häuser überweisen. Entstandene kurzfristige "Liquiditätsprobleme" seien per Kredit ausgeglichen worden.

Mit einem Protestmarsch von Assistenzärzten begann in Jena eine "Mitteldeutsche Streikwoche". Etwa 300 Mediziner zogen vom Klinikum ins Stadtzentrum, wo eine Kundgebung mit Ärzten aus Sachsen und Sachsen-Anhalt geplant war. Eine zentrale Großdemonstration ist an diesem Dienstag in Münster geplant.

Streiks seit März

Seit dem 16. März sucht der Marburger Bund mit Streiks den Druck auf die Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für mehr Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen für 22.000 Mediziner zu erhöhen. "Es gibt null Bewegung auf beiden Seiten", hieß es am Montag beim Marburger Bund. Am Mittag war ein Aufeinandertreffen des TdL-Vorsitzenden Hartmut Möllring mit dem Gewerkschaftschef Frank Ulrich Montgomery bei einer Podiumsdiskussion in Göttingen erwartet worden.

Spitzengespräche waren in der Nacht zu Freitag an völlig unterschiedlichen Ansichten darüber gescheitert, welche Berechnungsgrundlagen für einen möglichen Ärztetarifvertrag genommen werden sollen. Während die Länder ihr vorgelegtes Angebot als Gehaltsplus von 16 Prozent beziffern, wies die Gewerkschaft das Länderkonzept zurück. Es bringe nur 1 Prozent mehr, hatte Montgomery kritisiert. An diesem Dienstag findet ein Treffen zwischen Vertretern des Marburger Bundes und Landesfinanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) in Baden-Württemberg statt. Nach Angaben der Gewerkschaft soll es nur vermittelnden Charakter haben.

Der Dauerstreik umfasst nicht alle Bundesländer. Berlin und Hessen gehören der TdL nicht an. Bremen und Brandenburg haben keine derartigen Kliniken. In Hamburg und Schleswig-Holstein wurden bereits eigene Tarifverträge abgeschlossen. (tso/dpa)

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