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Politik: Union entzweit sich über den Umgang mit Ostdeutschland

Milbradt warnt vor Wählerbeschimpfung Stoibers Ex-Berater: Duell mit Lafontaine ein Fehler

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Berlin - Ungeachtet aller Mäßigungsappelle streitet die Union weiter über die Äußerungen des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber zum Wahlverhalten der Ostdeutschen sowie ihre Wahlkampfstrategie in den neuen Ländern. Auch Stoibers Absicht, den Spitzenkandidaten der Linkspartei, Oskar Lafontaine, in einem öffentlichen Rededuell zu stellen, löste teils heftige Kritik aus.

Ohne Stoiber namentlich zu nennen, warnte der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) vor einer Beschimpfung der Wähler. Seine Partei forderte er dazu auf, sich im Wahlkampf stärker mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Ostdeutschland zu beschäftigen. „Wir müssen über die eigentlichen Probleme in Ostdeutschland reden“, sagte Milbradt dem Tagesspiegel. „Kern der Diskussion darf nicht sein, die Wähler zu beschimpfen.“ Es gebe eine Reihe Ostdeutscher, die enttäuscht seien und aus Protest die Linkspartei wählen wollten. Die einzige Möglichkeit, diese Wähler zu gewinnen, sei, einen „glaubhaften Weg zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage“ aufzuzeigen.

Bei einem Wahlkampfauftritt in Wittenberg in Sachsen-Anhalt deutete Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel am Montag lediglich an, dass sie Stoibers Aktionen missbilligt. „Ich finde, wir müssen darauf achten, dass wir die wesentlichen Fragen diskutieren“, sagte sie.

Der frühere CDU-Bundesgeschäftsführer Peter Radunski kritisierte den Umgang der Union mit den Äußerungen von Stoiber hingegen als verfehlt. „Die Union hätte Stoiber nicht im Regen stehen lassen dürfen“, sagte der langjährige CDU- Wahlkampfmanager dem Tagesspiegel. „Jeder weiß, dass Stoiber im Kern Recht hat, die Linkspartei als wesentlichen Gegner der Union anzugreifen. Aber anstatt diese Grundüberlegung zu verteidigen und offensiv zu vertreten, hat die CDU es zugelassen, dass der politische Gegner und die gesamte deutsche Presse auf Stoiber einschlagen.“

CSU-Generalsekretär Markus Söder teilte unterdessen mit, dass Stoiber lediglich zu einem gedruckten Streitgespräch, nicht aber zu einem gemeinsamen Fernsehauftritt mit Lafontaine bereit ist. „Es wird ein Printduell geben“, sagte Söder dem Tagesspiegel.

Unverständnis über Stoibers Vorgehen äußerte dessen früherer Wahlkampfmanager Michael Spreng. Das Duell sei „taktisch ein ganz schwerer Fehler“, sagte er dem Tagesspiegel. Stoiber werte dadurch „die PDS ungeheuer auf“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Günter Nooke forderte Lafontaine und Stoiber dazu auf, sich bei dem Streitgespräch nicht über Ostdeutschland zu äußern: „Davon verstehen sie beide nichts.“

Merkel soll Presseberichten zufolge am Mittwoch den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) als Sprecher für Wirtschaft in ihrem Kompetenzteam vorstellen. Als Sprecher für Finanzen will Merkel nach Informationen der „WirtschaftsWoche“ den Staatsrechtler und Steuerexperten Paul Kirchhoff gewinnen. In Unionskreisen wurde dies für sehr wahrscheinlich erklärt. Ex-Wahlkampfmanager Radunski äußerte jedoch Zweifel an der in der Union verbreiteten Hoffnung, mit der Vorstellung des Kompetenzteams könne ein Stimmungsumschwung erreicht werden. „Damit hat sich Frau Merkel fürchterlich unter Zugzwang gesetzt und außerordentlich hohe Erwartungen geweckt, die in der Regel kaum zu erfüllen sind.“

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