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Politik: Union geht bei Hartz IV auf den Kanzler zu

Opposition sieht sich mit in der Verantwortung / Schröder lehnt weitere Änderungen an der Reform ab – trotz der Massenproteste

Berlin Kanzler Gerhard Schröder (SPD) will trotz anhaltender Proteste gegen die Arbeitsmarktreform keine Änderungen mehr am Hartz-IV-Gesetz vornehmen. Auch in der Unionsspitze herrscht jetzt die Meinung vor, man solle es bei den Änderungen der Vorwoche belassen und die Reform wie beschlossen umsetzen.

In Ostdeutschland gingen bei den Montagsdemonstrationen 85 000 Menschen gegen die Reformen auf die Straße. Allein in Leipzig versammelten sich 20 000 und in Magdeburg rund 15 000. Auch in Berlin kamen etwa 15 000 Demonstranten. Im Westen demonstrierten nach Polizeiangaben in Hamburg, Kassel, Saarbrücken, München und 13 NRW-Städten insgesamt 6000 Menschen.

Schröder habe sehr deutlich gemacht, dass die beschlossenen Regelungen umgesetzt würden, erklärte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin. Eine bessere Koordination zwischen Bundespresseamt, Wirtschaftsministerium und Bundesagentur für Arbeit solle Informationspannen vermeiden. Anda räumte ein: „Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“

Führende CDU-Politiker betonten die grundsätzliche Zustimmung zu der Reform, kritisierten aber die Bilanz der bisherigen Hartz-Reformen als mager. Der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Karl- Josef Laumann, warf der Bundesregierung vor, sie habe zwei Jahre lang viel zu hohe Erwartungen bei Instrumenten wie der Ich-AG geweckt und bei Hartz IV viel zu spät angefangen, die Menschen zu überzeugen. Er betonte aber, die Union stehe bei aller Kritik zu ihrer Mitverantwortung. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte: „Wir sollten als Union nicht den Eindruck erwecken, als würden wir nicht mehr zu dem stehen, was wir gemeinsam mit der Koalition beschlossen haben.“ Nur der Magdeburger Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) verlangte weitere Nachbesserungen. Bezieher von Arbeitslosengeld II sollten deutlich mehr Geld anrechnungsfrei dazuverdienen dürfen. „Der anrechnungsfreie Zuverdienst bis zur Grenze von 400 Euro sollte deutlich erhöht werden“, sagte er der „Financial Times Deutschland“.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verwies darauf, dass es die Union gewesen sei, die die Halbierung der Zuverdienstmöglichkeiten unterhalb von 400 Euro im Bundesrat durchgesetzt habe. Der DGB forderte, die Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose zu lockern. DGB-Chef Michael Sommer riet der Regierung in der „Welt“, „einen Weg zu finden, mit dem sie die Mindesteinkommen bei ortsüblich gezahlten Löhnen oder tariflichen Entgelten festschreibt“. Schröder will am Mittwoch vor die Presse treten. Zu erwarten ist, dass er sich dann auch zur Umsetzung der Arbeitsmarktreform äußert. Dem Vernehmen nach wird er das Verhalten der Union in der Hartz-IV-Debatte nochmals deutlich kritisieren. Aus seiner Sicht sind die Äußerungen führender CDU-Politiker verantwortungslos. Die Union habe im Bundesrat die Reformmaßnahmen verschärft, wolle jetzt aber nichts mehr damit zu tun haben. Schröders zentraler Punkt soll die Warnung vor einem „Wortbruch“ sein. bib/cas/dpa

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