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Union: Schweigen zu Merkels Kritik am Papst

Merkels ungewöhnliche Wortmeldung gegenüber dem Papst ruft in den eigenen Reihen kaum öffentliche Reaktionen aus. Es mag sich keiner die Finger verbrennen, vermutet ein hochrangiger CDU-Politiker.

Berlin - Ob es richtig war, dass die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel den Papst ermahnt hat? „Sie hat inhaltlich absolut recht“, sagt der ziemlich bekannte Unionspolitiker. „Es darf kein Zweifel aufkommen, wie Deutschland und wie die Kirche zum Holocaust stehen.“ Ob man ihn damit namentlich zitieren darf? „Ach nein, lieber nicht.“

Die kleine Szene ist kennzeichnend für die Reaktion, die Merkels ungewöhnliche Wortmeldung im eigenen Lager auslöst. Die Reaktion besteht nämlich überwiegend aus – Schweigen. Kein Wort von der CSU-Spitze, die sonst nichts unkommentiert lässt; kein Wort von den Ministerpräsidenten. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat dem „Hamburger Abendblatt“ immerhin ein Interview gegeben, das man aber nur mit sehr viel Interpretenkunst und wahlweise als Votum Pro oder Contra Merkel lesen kann. Selbst Norbert Blüm, als Ehemaliger in seinen Worten frei, übt in der „Leipziger Volkszeitung“ bloß Stilkritik: „Der Tonfall gefällt mir nicht.“

Das Schweigen der anderen bedeutet natürlich nicht automatisch Zustimmung. Es mag sich nur keiner die Finger verbrennen, vermutet ein hochrangiger CDU-Politiker: Diejenigen, die Merkels Schritt falsch fänden, wollten nicht in einer Ecke mit jenen Konservativen landen, die sich zu Wort gemeldet hätten – Leuten wie dem CSU-Vertriebenenfunktionär Bernd Posselt oder dem CSU- Rechtspolitiker Norbert Geis. Und die, die Merkels Schritt insgeheim begrüßten, scheuten Ärger mit dem konservativen Rand der eigenen Basis.

Dieser Rand ist nicht klein, und Georg Brunnhuber kann für sich in Anspruch nehmen, ihm gelegentlich Stimme zu verleihen. Brunnhuber ist Chef der Landesgruppe Baden-Württemberg und zugleich Leiter des katholischen Kardinal-Höffner-Kreises in der CDU/CSU- Fraktion. „Viele CDU-Mitglieder halten die Einlassungen der Kanzlerin nicht für richtig“, hat Brunnhuber der FTD gesagt und – unter dem Eindruck einer Audienz bei Papst Benedikt – hinzugefügt: „Im Vatikan ist man über die Diskussion in Deutschland geradezu entsetzt.“ Am Donnerstag, nach einem Treffen mit Merkel, reihte auch er sich in die Front der Schweiger ein: Er wolle die Angelegenheit nicht durch weitere Interviews verlängern.

Der Zentralrat der Muslime äußerte sich am Mittwoch besorgt für den Dialog mit der katholischen Kirche. Wenn die „extrem islam- und judenfeindlichen, den Holocaust leugnenden“ Pius-Brüder aufgenommen würden, stehe „auch der christlich-islamische Dialog vor schweren Herausforderungen“, sagte Generalsekretär Aiman Mazyek dem Tagesspiegel. Man fürchte, dass so „an den Geist der Kreuzzüge erinnernde Vorstellungen in der Gesellschaft wieder salonfähig gemacht“ würden. Was er selbstkritisch auch an die Muslime richte, gelte auch hier, sagte Mazyek: „Für Intoleranz und Extremismus darf es keine Chance geben – leider gehen die Signale des Papstes in eine andere, falsche Richtung.“ bib/ade

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