zum Hauptinhalt

Politik: Union setzt bei Zuwanderung auf harte Linie

Führung legt Strategie fest / Koch: Wir bewegen uns keinen Schritt mehr auf die Regierung zu

Von Matthias Meisner

Berlin. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sieht neue Möglichkeiten, mit dem Zuwanderungsstreit im Wahlkampf zu punkten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden hatte, das neue Gesetz sei verfassungswidrig zu Stande gekommen, kündigte Koch am Samstag im Einvernehmen mit der Unionsführung einen harten Kurs an – und legte einen Katalog von Nachbesserungswünschen vor. Zugleich sagte er der „Bild am Sonntag“, der Streit werde im Wahlkampf eine Rolle spielen, aber nicht zum beherrschenden Thema gemacht. Auch CSU-Chef Edmund Stoiber sagte, ein neues Zuwanderungsgesetz ohne grundlegende Änderungen werde keine Chancen im Bundesrat haben. CDU-Bundesvize Jürgen Rüttgers meinte, die Absicht der rot-grünen Koalition, das von Karlsruhe gestoppte Gesetz unverändert wieder in den Bundestag einzubringen, sei eine „gezielte Provokation“. CDU-Chefin Angela Merkel sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Zuwanderung müsse nach dem „deutschen Gesamtbedürfnis“ des Arbeitsmarktes erfolgen.

Die Auseinandersetzung führt die Union dabei vor allem mit den Grünen, die nach Darstellung von Koch bisher eine Einigung von Innenminister Otto Schily (SPD) mit der Union in zentralen Fragen verhindert haben. Entscheidend sei nun, was Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wolle, sagte der hessische Ministerpräsident. „Schröder muss wissen: Die Union bewegt sich keinen Schritt mehr auf die Regierung zu“, sagte Koch. SPD-Fraktionsvize Hans-Joachim Hacker sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, es werde „ganz solide“ im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses über mögliche Veränderungen behandelt. Hacker verwies darauf, dass bereits die vorliegende Fassung von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Kirchen und Menschenrechtsorganisationen positiv bewertet worden sei.

Koch nannte drei Bedingungen für die Zustimmung der Union, die im Bundesrat die Mehrheit hat: Demnach sollten nur Ausländer aufgenommen werden, die einen Arbeitsplatz vorweisen können. Integrationsmaßnahmen sollen für schon in Deutschland lebende Ausländer verbindlich werden. Zudem sollten die Entscheidungsverfahren gestrafft werden, „damit sich niemand ein Bleiberecht ersitzen kann“. Eine Unterschriftenaktion im Wahlkampf zur Durchsetzung seiner Forderungen plant Koch nicht. Eine ähnliche Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft hatte ihm vor vier Jahren den Sieg bei der Landtagswahl gesichert.

Bayerns Ministerpräsident Stoiber machte klar, dass er sich unter einem Zuwanderungesetz in erster Linie ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz vorstellt. „Wir brauchen weniger Zuwanderung, angesichts der hohen Arbeitslosigkeit allemal. Für mich haben die arbeitslosen Menschen in Deutschland absolute Priorität vor neuen Zuwanderern“, sagte Stoiber der „Welt am Sonntag“. Bereits am Donnerstag haben sich Merkel, Stoiber, die CDU–Ministerpräsidenten und die CDU-Landeschefs auf eine Linie in der Zuwanderungsdebatte verständigt. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sprach von „unionsinternen Positionskämpfen“, mit denen nur der Republik „die Weihnachtsfreude vermiest“ werden sollte.

Die Grünen werben unterdessen mit Nachdruck für ein Zuwanderungsgesetz der bisherigen Ausrichtung. Sie werfen der Union vor, sie verfolge einzig und allein das Ziel, das Projekt zum Scheitern zu bringen. Die Grünen-Vorsitzende Angelika Beer kündigte breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen Kochs Wahlkampf „auf dem Rücken von Zuwanderern und Asylbewerbern“an. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte, ein Kompromiss mit der Union wäre ohnehin erst nach den Landtagswahlen im Februar zu erzielen. Vorher mache ein Zusammentreffen wenig Sinn, sagte er der Tageszeitung „Welt“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false