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Seehofer

© dpa

Union: Starker Seehofer macht der CDU Ärger

Die Laune an der CSU-Basis ist miserabel. Horst Seehofer soll die Partei mit einem schärferen Profil retten - und er gibt sein Bestes: Schlag auf Schlag versetzt er der Kanzlerin in Berlin deutliche Seitenhiebe.

Horst Seehofer beherrscht die Bühne. Keine sechs Wochen nach seinem Amtsantritt hat sich der Ministerpräsident als bayerischer Leitwolf etabliert. Unangenehm ist das sowohl für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wie auch für manche von Seehofers Kollegen im CSU-Vorstand, die von ihrem neuen Chef zurechtgestutzt werden. Während die CDU-Ministerpräsidenten sich vor Merkel wegducken, gibt Seehofer kontra. Das ohnehin seit Monaten gestörte Verhältnis von CDU und CSU ist seit Seehofers Amtsantritt nicht besser geworden. An diesem Freitag will er in Berlin Tacheles reden - bei seiner ersten "Hauptstadtrede" in der bayerischen Vertretung. Und in München schlucken gestandene CSU-Politiker harsche Zurechtweisungen Seehofers, die sich das gescheiterte Tandem Günther Beckstein und Erwin Huber gar nicht hätte leisten können. "Fast wie zu alten Stoiber-Zeiten", sagt ein CSU-Mann.

2009 wird mit Europa- und Bundestagswahl das entscheidende Jahr für die CSU. Sollten auch diese Wahlen verloren gehen, wäre es endgültig aus mit der Sonderstellung der CSU - und mit Seehofer. Der Ingolstädter spielt daher unerbittlich die Bayern-Karte. Im Streit um rasche Steuersenkungen versucht Seehofer, Merkel an die Wand zu treiben.

Seehofer: Merkel hat zu spät reagiert

Im CSU-Vorstand am vergangenen Montag drohte er damit, den Koalitionsausschuss am 5. Januar platzen zu lassen, wenn die CDU-Chefin nicht vorher ihre ablehnende Haltung zu Entlastungen aufgibt. Seehofer glaubt, dass Merkel zu spät und zu schwach auf die Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert. Da im Herbst 2009 auch Merkels Schicksal als Bundeskanzlerin von einem guten CSU-Ergebnis in Bayern abhängt, kann die Kanzlerin es sich nach CSU-Meinung nicht länger erlauben, den bayerischen Brüdern und Schwestern die kalte Schulter zu zeigen.

Merkel lasse sich treiben, statt die Initiative zu ergreifen, wird in der CSU vielfach kritisiert. "Nachhaltige Politik betreibt Prävention, statt hinterher zu reparieren", sagte Seehofer in seiner Regierungserklärung im Landtag vielsagend. "Die Renaissance der sozialen Marktwirtschaft geht von München aus" - klare Seitenhiebe gegen Merkel in Berlin. Streit um feine Prioritäten belastet das Klima zusätzlich: Dem CSU-Vorstand stieß sauer auf, dass Merkel den für dieses Wochenende geplanten Krisengipfel zuerst mit der SPD besprach und nicht mit der CSU.

"Das Verhältnis ist problematisch", räumt ein CSU-Vorständler unumwunden ein. "Wir sind genervt, aber die CDU ist zunehmend auch von uns genervt." CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg formuliert sehr viel diplomatischer, macht aber deutlich, dass die CSU nicht locker lassen wird: "Wir sehen uns als Impulsgeber, als Triebfeder." Es sei eine Notwendigkeit, sich mit guten Argumenten auseinanderzusetzen. "Jeder sieht den Nutzen, wenn es gelingt, Positionen durchzusetzen", sagt er zu Seehofers Stärke.

Peter Ramsauer wird auf Linie gebracht

CSU-intern hat Seehofer seine Mannschaft innerhalb kürzester Zeit auf Linie gebracht. Nach der Sitzung des CSU-Vorstands am Montag kritisierte er den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, zehn Milliarden Euro für die Senkung der Krankenkassenbeiträge auszugeben: "Nicht zielführend." In der Sitzung raunzte Seehofer nach Angaben mehrerer Teilnehmer auch noch Landesgruppenchef Peter Ramsauer an, weil der bei einer Konferenz der Unionsfraktionschefs nicht ausreichend auf das CSU-Profil geachtet hatte. Beide demonstrierten am Tag vor Seehofers Berliner Rede Linientreue. Glos verlangte Steuersenkungen von 25 Milliarden Euro.

Seine gegenwärtige Stärke verdankt Seehofer hauptsächlich der Schwäche seiner Partei. Wenn überhaupt jemand die CSU aus dem Tal der Tränen führen kann, dann Seehofer, so die allgemeine Einschätzung. "Bei uns an der Basis ist die Stimmung nach wie vor schlecht", berichtet eine Landtagsabgeordnete. Das Wahldebakel, die Koalition mit der FDP, die Milliardenkrise der BayernLB - all das sorgt in vielen CSU-Ortsverbänden für anhaltend schlechte Laune. Noch vor Weihnachten kommt die erste Umfrage seit der Landtagswahl.

Carsten Hoefer[dpa]

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