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Politik: Union und SPD ringen um die Koalition

Noch keine Einigung über Atompolitik und Arbeitsmarkt / Mehrwertsteuer auf 19 Prozent?

Berlin - Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD haben auch kurz vor dem geplanten Abschluss noch keine Einigung in zentralen Fragen gebracht. Am späten Donnerstagabend gab es weder in der Atom- noch in der Arbeitsmarktpolitik einen Konsens. Strittig sind noch immer die Restlaufzeiten der deutschen Atomkraftwerke – hier drängt die Union auf Verlängerung – die Lockerung des Kündigungsschutzes und Veränderungen beim Arbeitslosengeld. Die SPD fordert, dass das Arbeitslosengeld II im Osten auf Westniveau angehoben wird und ältere Arbeitnehmer länger Arbeitslosengeld I beziehen können. SPD- Fraktionsvize Ludwig Stiegler sagte am Abend: „Wir sind noch in Schnee und Eis.“ Von beiden Seiten hatte es allerdings vor dem Treffen geheißen, die harte Haltung in zentralen Fragen sei auch Verhandlungstaktik.

Die Haushaltslücke von 35 Milliarden Euro ist nach Angaben von Teilnehmern inzwischen geschlossen. Als wesentliche Instrumente dafür wurden gekürzte Subventionen und eine höhere Mehrwertsteuer genannt. Die Mehrwertsteuer wird 2007 sehr wahrscheinlich um drei Punkte auf 19 Prozent steigen. Die Koalitionsrunde einigte sich außerdem auf Zukunftsinvestitionen. Sie sollen insgesamt 25 Milliarden Euro kosten. Beide Seiten wollten die Verhandlungen bis Freitag abschließen, kalkulierten aber bereits ein, dass eine Einigung womöglich erst in der Nacht zum Samstag gelingt. Parteitage von SPD, CDU und CSU sollen am Montag über die Koalitionsvereinbarung entscheiden. Die Wahl der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel zur Kanzlerin ist für den 22. November vorgesehen.

Der scheidende SPD-Chef Franz Müntefering und sein designierter Nachfolger Matthias Platzeck betonten vor dem Treffen, über den Kündigungsschutz müsse noch einmal geredet werden. Sie widersprachen damit den Angaben aus der Arbeitsgruppe, wonach es eine Einigung auf eine mögliche Verlängerung der Probezeit auf 24 Monate gebe. Müntefering hatte dies bereits am Mittwochabend im SPD-Gewerkschaftsrat zurückgewiesen. Teilnehmern zufolge sagte er, über den Kündigungsschutz gebe es „noch keine endgültige Fassung“. Auch über eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Senkung der Lohnzusatzkosten sei bisher nicht abschließend entschieden worden. Sowohl die Erhöhung der Mehrwertsteuer als auch die Einführung einer 24-monatigen Probezeit stößt auf Widerstand der Gewerkschaften. Sie kritisieren überdies die vereinbarte Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.

Nach Angaben aus der Unionsführung sollen zusätzliche Einnahmen aus der höheren Mehrwertsteuer für eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ausgegeben werden. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) betonte, es sei unvorstellbar, dass eine Steuererhöhung nicht von einer Senkung der Lohnnebenkosten begleitet werde. Die CDU-Regierungschefs Dieter Althaus (Thüringen) und Jürgen Rüttgers (NRW) erteilten zugleich der Reichensteuer eine Absage. „Das ist ökonomischer Unsinn“, sagte Rüttgers.

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