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Politik: Union und SPD vor Kassensturz – auch politisch Beide wollen im Bund stark sparen,

und beide erwarten intern harte Debatten

Berlin - Die Berliner Politik steht im Zeichen eines allgemeinen Kassensturzes. Während Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen über einen rigiden Sparkurs wegen Milliardenlöchern im Etat redeten, kündigte sich zugleich in den Parteien jeweils eine verschärfte Auseinandersetzung über politische Bilanz und Perspektiven an. In der Union hält ungeachtet aller öffentlichen Beteuerungen der Unmut bis in die Spitze hinein an, dass jetzt nach dem Willen von Parteichefin Angela Merkel nicht über die Ursachen für das schlechte Wahlergebnis gesprochen werden soll. In der SPD wiederum könnte es so weit kommen, dass es gegen den erklärten Kandidaten von Parteichef Franz Müntefering für das Amt des Generalsekretärs eine Gegenkandidatin gibt. SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles sagte dem Tagesspiegel: „Ich erwäge ernsthaft, anzutreten.“

Nach Ende der Koalitionsrunde in der CDU-Zentrale kündigten CDU-Chefin Merkel, CSU-Chef Stoiber und SPD-Chef Müntefering an, bis 2007 müssten 35 Milliarden Euro im Haushalt eingespart werden. „Wir stehen vor der größten Haushaltssanierung der Geschichte Deutschlands“, sagte Stoiber. Die Verhandlungspartner ließen jedoch offen, inwiefern es Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen oder Subventionsabbau geben werde. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) erklärte, diese Eröffnungsbilanz des designierten Finanzministers Peer Steinbrück (SPD) sei in der Runde der Verhandlungspartner nicht bestritten worden. Es habe in den Verhandlungen eine sehr offene Aussprache über die Schwierigkeit der Lage gegeben. Koch begründete die Einsparung, dass ansonsten Strafzahlungen an Brüssel fällig würden.

Parallel dazu benannte CDU-Chefin Merkel Fraktionsvize Ronald Pofalla als künftigen Generalsekretär. Er soll ihr bei der Debatte über die Ursachen für das schlechte Abschneiden der Union zur Seite stehen, die von der Jungen Union am Wochenende angestoßen worden war, aber auf die Zeit nach den Koalitionsverhandlungen vertagt werden soll. Mit dieser Forderung konnte sich Merkel in der Parteiführung durchsetzen. „Wer die Wahlanalyse sorgfältig und intensiv betreiben will, wird es nicht hinbekommen, wenn er es parallel zu den Koalitionsverhandlungen macht“, sagte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller. Die Koalitionsverhandlungen sollen Mitte November abgeschlossen werden. Der CDU-Vorstand vereinbarte, am 5. Dezember mit der Analyse zu beginnen.

In der SPD behält sich die Sprecherin der SPD-Linken, Nahles, eine Kampfkandidatur um das Amt des Generalsekretärs vor. Sie will ihre Entscheidung aber nach „Diskussionen und Abwägungen“ im SPD-Präsidium am Sonntag und im SPD-Vorstand am Montag treffen. Müntefering will dem SPD-Bundesparteitag Mitte November in Karlsruhe hingegen den bisherigen Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel zur Wahl vorschlagen. Das bekräftigte er auch bei einer Telefonkonferenz des SPD-Präsidiums. In Teilen der Partei stößt die Entscheidung auf entschiedene Kritik. Mehrere Landesverbände sprachen sich gegen den Müntefering-Vertrauten aus und sagten Nahles Unterstützung zu.

Die Unionsführung versucht gegenwärtig auch, den Streit über die Zuschnitte der Ministerien beizulegen. Die designierte Bildungsministerin Annette Schavan zeigte sich kompromissbereit und deutete an, dem künftigen Wirtschaftsminister Edmund Stoiber (CSU) nun doch bestimmte Referate der Forschungsabteilung abzutreten. Generalsekretär Kauder sagte, Merkel werde in den nächsten Tagen ihre „Richtlinienkompetenz nutzen“ und sich mit Stoiber in einem Spitzengespräch einigen.

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