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Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) widerspricht dem Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff.

© dpa/Patrick Seeger

Update

Unionsfraktionschef Volker Kauder: "Muslime gehören zu Deutschland" - der Islam aber nicht

Unionsfraktionschef Volker Kauder widerspricht mal wieder dem Leitsatz des Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff zum Islam. Dieses Mal reagiert Kauder offenbar auf das Programm der AfD.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) räumt den Muslimen einen festen Platz in der deutschen Gesellschaft ein, dem Islam aber nicht. Die Feststellung des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff, wonach der Islam zu Deutschland gehöre, sei zwar "gut gemeint" gewesen, aber unpräzise, sagte Kauder der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wohl aber gehören die Muslime zu Deutschland. Ganz klar", sagte Kauder weiter. Er hatte dem Leitsatz Wulffs schon früher widersprochen.

Kauder sagte, dass er die Aussage Wulffs aus mehreren Gründen nicht teile, und zwar "nicht erst seit gestern, sondern seit Jahren". Erstens habe der Islam Deutschland "historisch und kulturell nicht geprägt". Zweitens sei er sehr vielfältig. Es gebe mehrere Glaubensrichtungen mit unterschiedlichen Rechtsschulen. "Den einen Islam - und das legt der Satz nahe - gibt es sicher nicht", bekräftigte Kauder. Zudem habe der Islam auch Ausprägungen, "die wir in Deutschland nie akzeptieren können".

Muslime dürften aber nicht ausgegrenzt werden, so wie dies momentan die Rechtspopulisten betrieben, sagte Kauder. Muslime genössen wie die Angehörigen anderer Glaubensrichtungen Religionsfreiheit. "Natürlich dürfen daher Moscheen mit Minaretten gebaut werden", sagte der CDU-Politiker. Die Religionsfreiheit sei aber nicht schrankenlos, sondern werde durch die anderen Werte des Grundgesetzes begrenzt. "Die Religion steht bei uns nie über dem Staat", sagte Kauder.

Kauder bezog sich auf das am Wochenende beschlossene Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland, in dem sich Sätze finden wie „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ und „Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“. Das Tragen von Kopftüchern an Schulen, die Vollverschleierung und das Schächten von Tieren werden darin abgelehnt.

Kauder hatte vergangene Woche mit der Forderung für Aufsehen gesorgt, die Moscheen in Deutschland staatlich zu kontrollieren. In einigen Moscheen würden Predigten gehalten, die mit dem deutschen Staatsverständnis nicht in Einklang stünden, sagte der CDU-Politiker.

Kritik von Grünen und Linken

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte am Donnerstag, "dass man „den Islam bei uns einbürgern" solle. Dadurch könne der "Radikalisierung vorgebeugt werden und nicht durch Ausgrenzung". Vielen Menschen, die nach Deutschland kämen, sei ihre Religion sehr wichtig. "Wir dürfen sie nicht irgendwelchen Hasspredigern oder Salafisten überlassen, die einen radikalen Islam propagieren", sagte Göring-Eckardt. Den Islam einzubürgern heißt für Gröing-Eckardt auch, dort wo es Bedarf gebe, an Schulen muslimischen Religionsunterricht anzubieten und verstärkt Imame an deutschen Universitäten auszubilden. Dann sei klar, "dass die Lerninhalte unseren demokratischen Regeln entsprechen. In unserer Gesellschaft muss jeder seine friedvolle religiöse Identität finden können", sagte sie.

Grünen-Chef Cem Özdemir warf Kauder vor, seine Sicht auf die Muslime in Deutschland sei "bemüht konservativ und altbacken". Wenn er etwas gegen Islamismus tun wolle, solle er dafür sorgen, dass die Wahhabiten in Saudi-Arabien nicht länger mit Waffen beliefert werden.

Der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, stellte Kauders Unterscheidung infrage. Religionen seien keine Subjekte, schrieb Beck bei Twitter: "Glauben tritt immer nur in Gestalt und Interpretation durch konkrete Gläubige auf die Bühne der Geschichte."

Auch wenn Juden und Christen Geschichte und Kultur in Deutschland und Europa geprägt hätten, dürfe dies nicht zu einem "Ausgrenzungsdiskurs gegenüber dem Islam" führen. "Es gibt keine Muslime ohne oder getrennt vom Islam", schrieb Beck weiter. Religiöse Diskriminierung gehöre nicht zu Deutschland.

Kauders "Pöbeleien gegen Muslime offenbaren eine Hilflosigkeit der Union im Umgang mit der AfD", erklärte Linken-Fraktionsvize Jan Korte. "Chauvinistische Antidemokraten und Menschenfeinde bekämpft man nicht durch Übernahme ihrer Positionen." Vielmehr müssten Demokratie, Rechtsstaat, Menschenwürde und Gleichberechtigung wieder auf die alltägliche politische Agenda.

Kauder hatte bereits vergangene Woche mit der Forderung für Aufsehen gesorgt, die Moscheen in Deutschland staatlich zu kontrollieren. In einigen Moscheen würden Predigten gehalten, die mit dem deutschen Staatsverständnis nicht in Einklang stünden, sagte der CDU-Politiker.

(AFP, dpa, KNA)

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