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Papst

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Unruhe in Rom: Vatikan über deutsche Papst-Debatte "entsetzt"

Der Vatikan ist offenbar verärgert über die offene Kritik aus Deutschland. Unterdessen wächst in Deutschland wegen ihrer Forderung an den Papst zur Klarstellung im Fall des Holocaust-Leugners Williamson der Druck auf Kanzlerin Merkel - auch in der eigenen Partei.

Der CDU-Politiker Georg Brunnhuber sagte nach einem persönlichen Gespräch mit Papst Benedikt XVI. der "Financial Times Deutschland", der Vatikan sei über die Diskussion in Deutschland "geradezu entsetzt". Im Vatikan sei man verwundert über die Debatte in Deutschland, sagte Brunnhuber, der im Rahmen einer Generalaudienz am Mittwoch in Rom mit dem Pontifex maximus gesprochen hatte. "Hier unterstellt niemand dem Papst, dass er antisemitische Äußerungen duldet." Es herrsche der Eindruck, dass in Deutschland jetzt alle antikatholischen Ressentiments an die Oberfläche kämen.

Auch die Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stoßen unterdessen auf Kritik. Merkel hatte am Dienstag mit Blick auf die Aufhebung der Exkommunikation des erzkonservativen britischen Bischofs Williamson und von drei weiteren Bischöfen der traditionalistischen Piusbruderschaft gemahnt, vom Papst müsse eindeutig klargestellt werden, dass es keine Leugnung des Holocaust geben könne und es "einen positiven Umgang natürlich mit dem Judentum insgesamt geben muss". Die Kanzlerin kritisierte: "Diese Klarstellungen sind aus meiner Sicht noch nicht ausreichend erfolgt."

Kritik an Protestantin Merkel

Am Mittwochnachmittag hatte der Vatikan auf die weltweite Kritik an der kirchlichen Begnadigung Williamsons reagiert und ihn zum Widerruf der Holocaust-Leugnung aufgefordert. Benedikt XVI. habe Williamsons Haltung nicht gekannt, als er dessen Exkommunikation aufgehoben habe, hieß es in einer Erklärung. Bischof Marx sagte nun: "Der Papst hat deutlich Stellung genommen gegen jede Leugnung des Holocaust. Er hat klargemacht, dass Antisemitismus bei uns in der Kirche keinen Platz hat. Meiner Ansicht nach ist damit alles gesagt." Die Sache sei "nicht optimal" gelaufen, aber dem Papst Antisemitismus zu unterstellen, sei "ungeheuerlich".

Auch in ihrer eigenen Partei wird Kritik an der Protestantin Merkel laut. "Viele CDU-Mitglieder halten die Einlassungen der Kanzlerin nicht für richtig", sagte der CDU-Politiker Georg Brunnhuber, der Vorsitzender der baden-württembergischen Landesgruppe in der Unions-Fraktion ist. "Öffentliche Aufforderungen an den Heiligen Vater führen garantiert ins Leere."

Der Passauer Politikwissenschaftler Oberreuter, der auch Direktor der Politischen Akademie in Tutzing ist, warf der Kanzlerin unterdessen vor, sie wolle sich auf Kosten des Papstes profilieren. "Indem sie den Papst attackiert, sucht sich Merkel ein relativ bequemes Profilierungsfeld, um die immer stärker zur FDP hin abwandernden Bürgerlich-Liberalen ohne enge Kirchenbindung wieder für die CDU zu gewinnen." (jam/ddp/dpa/AFP)

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