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Pro-russischer Protestler vor einer Barrikade in Slawjansk.

© AFP

Update

Unruhen in der Ostukraine: Kiew droht den Separatisten

Die Spannungen in der Ostukraine sind in blutige Gewalt umgeschlagen: Bei Zusammenstößen in Charkiw und in Slawjansk gab es Verletzte, wie auch Tote. Der ukrainische Geheimdienstchef erhebt schwere Vorwürfe gegen die pro-russische Opposition.

Nach der Annexion der Krim durch Russland spitzt sich nun die Lage im Osten der Ukraine bedrohlich zu. Der ukrainische Präsident Alexander Turtschniow hat den Besatzern aller besetzten Gebäude in der Ostukraine ein Ultimatum gestellt. Bis Montagmorgen sollen die Waffen niedergelegt werden und die Gebäude geräumt werden, würde das nicht passieren, würde eine „angemessene Strafe“ folgen, verkündete Turtschinow in einem Schreiben.

Der Präsident rief seine Landsleute im Osten der Ukraine auf, sich nicht zu „Werkzeugen“ machen zu lassen: „Lassen Sie sich nicht zu Werkzeugen in einem von Fremden geführten Krieg gegen Ihr eigenes Land machen, unterstützen Sie nicht diejenigen, die die Ruhe und den Frieden zerstören wollen und die Region an den Abgrund der wirtschaftlichen Katastrophe, an den Abgrund des Bürgerkriegs führen“, sagte Turtschinow."

Russland warnte die prowestliche Regierung in Kiew nachdrücklich vor einem Militäreinsatz gegen die Separatisten. Moskau sei „empört über den verbrecherischen Befehl“, teilte das Außenamt in Moskau am Sonntag mit. „Gerade vom Westen hängt es jetzt ab, einen Bürgerkrieg in der Ukraine zu vermeiden.“ Auf Antrag Russlands wollte der UN-Sicherheitsrat noch in der Nacht zum Montag (20.00 Uhr Ortszeit/2.00 Uhr MESZ) über die Lage in der Ukraine beraten.

Verletzte in Charkiw

Bei Zusammenstößen von Gegnern und Anhängern einer Annäherung an Russland sind in Charkiw etwa 50 Menschen verletzt worden. Rund 1000 pro-russische Demonstranten seien unter anderem mit Sowjet-Fahnen durch das Zentrum der Stadt marschiert und mit mehreren hundert prowestlichen Aktivisten aneinandergeraten, teilten die lokalen Behörden am Sonntag mit.

Die pro-russischen Demonstranten besetzten nach dem Handgemenge den Stadtrat. Anschließend zogen sie vor das Untersuchungsgefängnis und verlangten die Freilassung von Gesinnungsgenossen. Die Polizei hatte am Vortag etwa 70 bewaffnete Aktivisten unter dem Verdacht festgenommen, Randale bei den Demonstrationen zu planen. In Moskau protestierten unterdessen Tausende Demonstranten gegen die Ukraine-Politik von Kremlchef Wladimir Putin. An der erlaubten Kundgebung nahmen auch zahlreiche prominente Publizisten teil.

"Anti-Terror-Einsatz" in Slawjansk

In einer weiteren Stadt, in Slawjansk, hat es einen „Anti-Terror-Einsatz“ gegen prorussische Separatisten gegeben. Laut Innenminister Arsen Awakow gab es Tote und Verletzte. Die prowestliche Führung in Kiew befahl das Vorrücken der Spezialeinheiten, nachdem bewaffnete Gruppen mehrere Verwaltungsgebäude besetzt hatten. „Es wurden Kräfte aus allen Landesteilen herangezogen. Möge Gott mit uns sein“, sagte Awakow am Sonntag.

Auf Regierungsseite sei mindestens ein Offizier getötet worden, fünf weitere Menschen seien verletzt worden, sagte der Minister. Auf der Gegenseite habe es eine unbekannte Zahl an Opfern gegeben. Die Aktivisten hätten ohne Vorwarnung das Feuer auf die Regierungskräfte der Ex-Sowjetrepublik eröffnet. Awakow warf den Separatisten vor, Zivilisten als „lebende Schutzschilde“ zu missbrauchen. Detaillierte unabhängige Berichte gab es zunächst nicht.

Schulen und Kindergärten sowie andere öffentliche Einrichtungen in Slawjansk bleiben morgen, Montag, geschlossen. Im 20 Kilometer entfernten Kramatorsk und alle anderen Städte in Donezk, die am Wochenende von Unruhen erschüttert wurden, sind solche Maßnahmen nicht vorgesehen, berichtet die Ukrainska Prawda.

Pro-Russische Demonstranten bewachen die eingenommene Polizeiwache in Slawjansk.
Pro-Russische Demonstranten bewachen die eingenommene Polizeiwache in Slawjansk.

© dpa

Geheimdienstchef kritisiert Opposition

Innenminister Awakow wirft Russland eine „Aggression“ in der russisch geprägten Region vor. Moskau wolle das Gebiet durch bezahlte Provokateure destabilisieren und dann dort einmarschieren. Russlands Außenminister Sergej Lawrow wies das zurück. Er warnte bei einem Telefonat mit seinem US-Kollegen John Kerry, ein gewaltsames Eingreifen der Regierung in Kiew gefährde ein für Donnerstag in Genf geplantes Treffen von russischen, ukrainischen, US- und EU-Vertretern.

Walentin Naliwaitschenko, Chef des Geheimdienstes der Ukraine (SBU), hat in einem TV-Interview schwere Vorwürfe gegen Politiker der Opposition erhoben. Er sagte, bei den bewaffneten Konflikten im Osten der Ukraine, seien auch Politiker der Partei der Regionen und der Kommunisten dabei gewesen. Unter anderem auch Abgeordnete des Parlaments. Außerdem seien „Geheimdienstagenten aus Russland“ und „Kriminelle“ an den Gewaltakten beteiligt, so der SBU-Chef.

Männer mit russischen Spezialwaffen

Angesichts der zugespitzten Lage forderte die Nato Moskau erneut zur Beruhigung der Krise auf. „Ich bin äußerst beunruhigt über die weitere Eskalation der Spannung in der Ostukraine“, erklärte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Sonntag. Männer mit russischen Spezialwaffen und in Uniformen ohne Abzeichen erinnerten an das Auftreten russischer Truppen bei der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim – das sei eine schwerwiegende Entwicklung. Moskau müsse seine Truppen, zu denen auch Spezialeinheiten gehörten, von der ukrainischen Grenze zurückziehen, forderte der zivile Nato-Chef.

An diesem Montag wollen die EU-Außenminister über weitere Sanktionen gegen Russland beraten. Die bisher verhängten Strafmaßnahmen gegen 33 Personen aus Russland und von der Krim, die für die Eskalation auf der Halbinsel verantwortlich gemacht wurden, gelten als wenig effektiv. Nach Informationen des Tagesspiegels wurde in Deutschland kein einziges Konto eingefroren. Nun wird in Brüssel eine Ausweitung der Sanktionsliste vorbereitet. Dagegen steht ein Beschluss über Wirtschaftssanktionen offenbar noch nicht auf der Tagesordnung.

(mit dpa)

Bewaffnete vor der eingenommenen Polizeidirektion in Slawjansk.
Bewaffnete vor der eingenommenen Polizeidirektion in Slawjansk.

© dpa

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