zum Hauptinhalt
Demonstranten und Polizisten in Belfast.

© Reuters

Unruhen in Nordirland: Polizei in Belfast braucht Verstärkung

In Nordirland gibt es seit Tagen schwere Straßenschlachten. Auslöser ist eine "friedliche" Demonstration des protestantischen Orange Ordens, die – zum Ärger der irischen Katholiken – stattfand.

Nach der dritten Nacht mit Krawallen und Straßenschlachten zwischen vorwiegend protestantischen Demonstranten und Polizei hat der nordirische Polizeidienst PSNI hunderte weitere Polizisten von der britischen Hauptinsel angefordert. Mehr als 40 Polizisten wurden bei den Krawallen bisher verletzt. Am Freitag verlor ein protestantischer Unterhausabgeordneter, Nigel Dodds, vorübergehend das Bewusstsein, da er zuvor offenbar von einem Stein getroffen worden war.

Am Montag sprach der stellvertretende PSNI-Chef William Kerr zwar von einem „Abflauen der Gewalt“, warnte aber: „Wir werden so lange wie nötig so viele Polizisten im Einsatz haben wie nötig.“ Von den Bürgern forderte er Besonnenheit. „Alle sollten die nächsten Abende zu Hause bleiben.“

Polizeisprecher deuteten an, man werde „Hunderte“ von Krawallmachern mit Videos identifizieren und anklagen – ähnlich wie nach den Krawallen in London vor zwei Jahren. Bis Sonntag waren 35 Menschen festgenommen und in Schnellverfahren auch am Sonntag angeklagt worden.

Nordirlands Justizminister David Ford sagte: „Die Aufrührer werden die volle Macht der Gesetze zu spüren bekommen und sollten an die Folgen ihres Verhaltens denken, für das Image Nordirlands, für die verletzten Polizisten, und für ihr eigenes Leben, wenn sie verurteilt werden.“

Die Krawalle brachen am 12. Juli aus, dem Gedenktag der Schlacht am Boyne 1690, dem traditionellen Höhepunkt der sogenannten „Marching Season“, mit der Mitglieder des protestantischen Orange Ordens auf ihre Geschichte pochen. Irische Katholiken sehen diese Umzüge als Provokation.

Die Polizei blockierte ein Straßenstück im katholischen Viertel Ardoyne, um eine Entscheidung der für die Paraden zuständigen Schlichtungskommission durchzusetzen. Die Kommission hatte den Marsch dort verboten, nachdem Katholiken des Viertels im Vorjahr dagegen protestiert hatten. Aus Protest gegen die Entscheidung hatte der Orden zu einer „friedlichen“ Demonstration aufgerufen. Nordirlandministerin Theresa Villiers kritisierte die Oranier scharf. „Sie wurden von der Polizei deutlich auf die Risiken hingewiesen, in einer Zeit realer Spannungen Tausende auf die Straße zu rufen.“

Zwar wird Nordirland seit Jahren von einer „Friedensregierung“ verwaltet, und nach Jahrzehnten bürgerkriegsähnlicher Gewalt herrscht Frieden zwischen pro-britischen Protestanten und pro-irischen Katholiken. Aber immer noch werden die Wohngebiete beider Seiten durch hohe „Friedensmauern“ abgetrennt. Das Misstrauen wurde Ende letzten Jahres geschürt, als der von Katholiken geführte Stadtrat das Hissen der britischen Flagge auf dem Rathaus verbieten wollte und Protestanten ihre Identität infrage gestellt sahen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false